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Das Wildbad und sein "Wunderwasser"

Auf dem Platz der Volksschule auf der Hinteren Insel Schütt stand einstmals eine Badeanstalt: Das Wildbad. Dieses Badehaus diente über sechshundert Jahre nicht nur der Reinlichkeit, sondern war auch geselliger Treffpunkt der vornehmen Gesellschaft. Der gewählte Standort hing wahrscheinlich mit einer entdeckten, stark eisenhaltigen Mineralquelle auf der Insel Schütt zusammen. Dem Quellwasser wurden dann im 17. Jh. sogar heilsame Kräfte angedichtet.


Das Wildbad entstand wahrscheinlich 1370 und war anfangs ein hölzerner Bau. Gebadet wurde in Holzwannen und zwar nur in Sommermonaten. Im Winter war das Bad geschlossen, weil "die kälte und der eusserliche raue Lufft das Baden unbequem und undienstlich" machte. Die Stadt verpachtete das Wildbad immer jährlich. Leistete der Bader gute Arbeit, wurde sein Vertrag verlängert. Die Stadt beteiligte sich mit Zuschüssen für den Unterhalt der Einrichtung. Musste Inventar erneuert werden, wurden die Kosten meist geteilt. "Die Wannen in dem Wilpat auf der Schüt, die seyn alle halb der stat hie, und halb des wilpader der dorinnen ist, und was also pruchs (Bruch) daran ist, das soll der wilpader halbs zallen, so zalt das andere halb teil der stat zinsmeister und nit der stat paumeister, als nach altem herkommen".

Da das Wildbad anfangs vornehmlich von der "gehobenen Schicht" genutzt wurde und auch als Platz der Geselligkeit diente, wollte man auch zeigen was man hatte. Die Badenden saßen in schiffchenförmigen Holzwannen, die mit Bretten abgedeckt waren. Auf der Abdeckung wurden die Sanduhr für die Badedauer, Lektüre oder Blumenschmuck und Getränke abgelegt. Vom Badegast schaute nur der Kopf aus dem Zuber. Also blieb nur die Kopfbedeckung als Statussymbol. Der Baumeister Michel Behaim ließ sich 1502 extra für die Badezeremonien eine schwarze Haube zum Preis von vier Pfund schenken, deren Gegenwert 14 Badetagen entsprach.

Mitte des 16. Jh. machte die gestiegene Zahl der Badegäste einen Neubau notwendig. Es entstand ein großer, steinerner Fachwerkbau mit 176 Wannen. Auf einer Zeichnung ist zu erkennen, dass die Südfassade elf Fenster und drei Tore hatte. Riesige Holzstapel für die Befeuerung waren am Pegnitzufer gelagert. Der Ratsschreiber Johannes Müllner beschrieb 1577 den Neubau so:

"Wildbad Neugepauet: Im Monat junio diß Jars hatt man das alte hultzern Wildbadhaus auff der Schütt, welchs zweyhundert jare gestanden, abgebrochen, und ein Neues von Stainen ainhundert unf zwainzig Schuch lang und sechsunddreisig Schuch brait, angefangen zu pauen, mitt dem grund hatt man graben, bis auffs Wasser, darnach zwo Tillen (Dielen) hineingelegt und das Stainwerk darauff gelegt. Ist im Februario nachfolgenden Jars volendet worden. Im neuen Wildbad gab es 176 Wannen. 119 Neu Wannen, 57 Alt Wannen, 266 Alt prettlein und 371 Neu prettlein gemacht worden auf die Wannen."

Das Gebäude bekam auch einen großen Schornstein am Kesselhaus. Mit dem am Pegnitzufer gelagerten Holz wurde das Badewasser über einer Feuerstelle in Kesseln erhitzt. Das neue Bad wurde jetzt auch vom "gemeinen Volk" genutzt. Die Baderäume im Erdgeschoss waren für die normale Bevölkerung gedacht, die Räume im Obergeschoss blieben den "fürnehmeren" Personen vorbehalten. Die Badeanstalt schien beliebt gewesen zu sein, was den Philosoph Johannes Scultetus im Jahr 1666 zu einem Gedicht veranlasste:

Nun du Bad der Noricas Felder
Nächst dem schlanken Pegnitz Strand
Dich soll´n loben alle Wälder
Dich erhebet meine Hand:
Meine Zunge soll dich preisen
Bey den Jungen, bey den Greisen
Daß dein Ruhm erschall im Land
Und der Nachwelt bleib bekannt.

Bereits 1597 schrieb Jacque Esprinchard über die Badekultur: "In ganz Franken, ebenso wie in anderen Provinzen Deutschlands gibt es öffentliche Bäder, wohin ein jeder geht, um ein Schwitzbad zu nehmen und sich zu waschen, wann er will, wobei man jedes Mal siebeneinhalb Schilling bezahlt. (...) Angehörige aller Stände und beiderlei Geschlechts besuchen diese Orte ein- oder zweimal im Monat; das macht sie so frisch und verleiht ihnen das Wohlbefinden, dessen sie sich erfreuen."

Im Dreißigjährigen Krieg erhielt das Wildbad noch einen Anbau: Das Fecht- bzw. Tagkomödienhaus, dem ein eigenes Kapitel gewidmet ist.

Im Jahr 1811 wurde das Badehaus an Alexander Baumann verkauft, der es renovierte. Es wurde ein Dampfbad eingebaut und die Zahl der Badestuben erhöht. Ende des 19. Jh. hieß das Wildbad ganz vornehm Bad-Etablissement J. C. Bromig. Aus einer Preisliste dieses Betreibers sind die unterschiedlichen Badekategorien ersichtlich:
1. Classe in Porzellanwannen
2. Classe in Metallwannen
3. Classe im Cementbassin,
ein Bad ins Haus geschafft 180 Pf., Trinkgeld der Burschen 40 Pf.

Dr. Friedrich Mayer schreibt in seinem 1849 erschienen Werk "Nürnberg und seine Merkwürdigkeiten" über das Wildbad: "Die älteste Badeanstalt in Nürnberg ist das Wildbad auf der Schütt, welche schon 1577 errichtet worden ist. Man erhält daselbst gegen billiges Abonnement warme Wannenbäder, auch Dampf- und Tuschbäder. (...) Für Flußbäder werden in der Pegnitz zunächst dem Wildbad und außerhalb der neuen Brücken Badehäuschen aufgestellt."

Von 1926 bis zur Zerstörung im Oktober 1944 war ein Herr Rades Pächter des Wildbades. Die Reste des verfallenen Gebäudes wurden 1961 beseitigt, der Bau der Grundschule Insel Schütt erfolgte zwischen 1966 und 1968, wobei man offensichtlich(?) die jahrhundertealten Brunnen vergessen hatte. Augenzeugen zufolge liefen Tag und Nacht Pumpen um die Baugrube für das Fundament trocken zu legen.

Heilwasser? Wunderwasser?

Wie bereits erwähnt, wurde das Wildbad an einer stark eisenhaltigen Mineralquelle errichtet. Ob der Eisengehalt von den Eisenbergwerken am Oberlauf der Pegnitz herrührte, oder auf den Abfall der umliegenden Hammerwerke zurückzuführen ist, konnte damals nicht geklärt werden. Diesem Wasser wurden trotz alledem im 17. Jh. sogar heilsame Kräfte zugeschrieben.

Das Wasser für das Wildbad wurde also nicht der Pegnitz entnommen, sondern durch ein mechanisches Schöpfwerk aus zwei ausgemauerten Brunnenschächten in das Badehaus gefördert – auch Privathaushalte versorgte man mit Brunnenwasser. Das Quellwasser war so eisenhaltig das es Wäsche, Badegeräte und die Brunnenmauern gelblich einfärbte.

Ende des 17. Jh. war die Zahl der Badegäste rückläufig, sodass sich der Betreiber die Heilfähigkeit des Wassers anerkennen ließ, um sich einen erlesenen Kundenkreis zu sichern. Aus heutiger Sicht ein sehr fragwürdiger Schritt. Die Badeanstalt war jetzt also Kur- und Heilbad. Das Heilwasser wurde dementsprechend angepriesen, besonders für das weibliche Geschlecht. So heißt es über das Wunderwasser: "(...) dieses Wild-Bad in allen Martialischen Kranckheiten, beydes den Manns und Weibsbildern nutzlich zu gebrauchen, wiewol es dem weiblichen Geschlecht viel mehr nutzlich. Getrunken, purgiert das Wasser den überflüssigen Schleim, sonst vieler Krankheiten Ursache, aus dem Leib; es reinigt und eröffnet Magen, Därme, Milz und Leber, reinigt auch die Gebärmutter, ist günstig bei Gelbsucht und beginnender Wassersucht. Ebenso mildert es die Schmerzen von Steinen oder Grieß und bewirkt einen schmerzlosen Steinabgang. Beim Baden ist es günstig bei Kontrakturen und Lähmungen. Es vertreibt das Zittern der Hände und Füße. Es wirkt bei Durchblutungsstörungen, auch erweicht es harte Beulen und Geschwülste. Es heilt flüssige Schäden, Krätze, Schuppen und andere Hautaffektionen.

Noch im Jahr 1800 wurde die Wirkung des Wildbadwassers im Nürnberger Stadtführer hervorgehoben. Um die Heilkraft voll zu entfalten, wurde eine dreiwöchige Kur im Wildbad mit bis zu fünf Badestunden täglich empfohlen.



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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: DIS, NUM, NZS, SLN

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