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Sigmund Schuckert und die Schuckert-Werke (Schuckert & Co.)

Was einst als Einmann-Betrieb in der Nürnberger Schwabenmühle begann, entwickelte sich im Industriezeitalter rasch zu einem Unternehmen mit Weltruf. Schuckert war nicht nur ein begnadeter Tüftler und Erfinder, sondern auch ein verantwortungsvoller Unternehmer. Er war Vaterfigur für seine Mitarbeiter, gründete eine Betriebskrankenkasse sowie eine Wohnungsbaugesellschaft. Seine Frau Marie Sophie, die er 1885 heiratete, engagierte sich für bedürftige Betriebsangehörige. Die Werkstatt in der Schwabenmühle war die Keimzelle für ein späteres Weltunternehmen. Die "Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, vorm. Schuckert & Co." wurde später mit Siemens & Halske zu den "Siemens-Schuckert-Werken" fusioniert und 1966 unter dem Dach der Siemens AG vereinigt.


Sigmund Schuckert

Johann Sigmund Schuckert wurde am 18. Oktober 1846 in Nürnberg geboren. Nach dem Willen seiner Eltern sollte er in die Fußstapfen des Vaters treten und Büttnermeister werden. Doch der Wissensdurst und Forscherdrang in jungen Jahren wiesen ihm einen anderen Weg, im sich rasch entwickelnden 19. Jahrhundert.

Schuckert war ehrgeizig. Bereits in der Oberklasse der Lorenzer Volksschule schrieb er in Schönschrift in sein Heft: "Ich will mit allem Fleiße dafür sorgen, dass meine Schrift in jedem Monat besser wird. Fleiß und Ausdauer führen stets zum sicheren Ziel." Sein Vorbild während der Schulzeit war der Oberlehrer Bauer. Bauer nutzte für naturwissenschaftliche Experimente ein "physikalisches Kabinett" welches Schuckert faszinierte. Der Lehrer führte den Schülern anhand von Experimenten den rasch wachsenden Kenntnisstand der Naturwissenschaften vor. Dies veranlasste den jungen Sigmund zu eigenen Versuchen und Tüfteleien.

Oberlehrer Bauer war es auch, der Schuckert bei seinem Wunsch Feinmechaniker zu werden, im Elternhaus unterstützte. Nach seinem Schulabschluss 1860 bekam Sigmund Schuckert eine Lehrstelle beim Elektrofabrikanten Friedrich Heller. Das was Sigmund einst in sein Schulheft schrieb, setzte er auch in die Tat um. Immer sonntags, seinem einzig freien Tag, besuchte er die angebotenen Fortbildungsmöglichkeiten. Er belegte Kurse in Maschinenzeichnen, Arithmetik, Geometrie, Physik und Chemie. Im Jahr 1864 bestätigte Heller eine erfolgreich absolvierte Handwerkslehre mit den Worten: (...) akkurater und sehr sauberer Arbeit die besten Noten sich erworben und Allerwärts warm empfohlen werden kann."

Wie damals bei Gesellen üblich, begab sich auch Sigmund Schuckert auf Wanderschaft. Sein Weg führte ihn zur optisch-astronomischen Werkstätte Repold in Hamburg und der auf den Telegraphenbau spezialisierten Firma Siemens & Halske in Berlin. Der Krieg zwischen Österreich/Bayern und Preußen veranlassten den Wandergesellen zu einer Rückkehr nach Nürnberg. Mit seinen erworbenen Erfahrungen im Gerätebau wurde er als Werkmeister bei der Telefonbauanstalt Albert Krage eingestellt. Im Selbststudium eignete er sich weitere Kenntnisse im elektrotechnischen Bereich an.

Doch Schuckerts Herz schlug für Amerika. Er begann Englisch zu lernen und bildete sich durch Literatur über Land und Leute fort. 1869 war es soweit. Schuckert reiste ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Neben Baltimore besuchte er Philadelphia und später auch Cincinnati wo er in der Telegraphenbauanstalt von Thomas Alva Edison arbeitet. Der junge Mechaniker ließ sich nieder und wurde amerikanischer Staatsbürger.

Die Weltausstellung in Wien von 1873 veranlasste Schuckert zu einer Rückkehr nach Europa. Sein Wissensdurst nach den technischen Neuerungen gaben ihm auch die Gelegenheit zu einem Besuch bei Eltern und Geschwistern in Nürnberg. Der schlechte Gesundheitszustand seiner Mutter gab den Impuls, sich in seiner Geburtsstadt niederzulassen und nicht in die Vereinigten Staaten zurückzukehren. Er vertraute auf seine gesammelten Erfahrungen und beschloss eine eigene Existenz aufzubauen.

In der "Schwabenmühle" mietete Schuckert einen kleinen Raum in dem er seine "Mechanische Werkstätte" einrichtete. Als Startkapital dienten 1.000 Dollar, die er sich in Amerika zusammen gespart hatte. Als Ausrüstung standen eine Drechslerbank mit Fußbetrieb und ein Schraubstock zur Verfügung. Anfangs verdingte sich der Existenzgründer noch als Allround-Mechaniker. Doch die Reparatur von Nähmaschinen schienen ihn nicht zu befriedigen. Sein Forscherdrang galt der Kraftübertragung und der elektrischen Beleuchtung. Er konstruierte Dynamos nach dem Siemens´schen Prinzip und entwickelte diese weiter.

Seine Experimente und Demonstrationen mit Stromgewinnung und Illumination inszenierte der Tüftler meist öffentlich. Am 7. Juni 1882 nahm der Mechaniker drei Bogenlampen in Betrieb, die den Josephsplatz und einen Teil der Kaiserstraße hell erleuchteten – Deutschlands erste elektrische, dauerhaft betriebene Straßenbeleuchtung. Die Enthüllung des Kriegerdenkmals 1875 wurde von Sigmund Schuckert mit einer selbst konstruierten Bogenlampe ausgeleuchtet. Sogar für Schloss Linderhof lieferte der Nürnberger Mechaniker 1878 drei Dornfeldbogenlampen. Als dem Erfinder die Serienschaltung gelang, wurde der Volksfestplatz am Maxfeld mit zwölf Lampen illuminiert.

Solche Pionierleistungen blieben nicht unbeachtet. 1876 erhielt Schuckert den König-Ludwig-Preis, inklusive einer Subvention von 50.000 Mark, für seine "dynamoelektrische Maschine". Als Synonym für den Erfindungs- und Ideenreichtum der Nürnberger Kaufleute, Erfinder, Künstler und Handwerker, sowie deren innovatives Handeln, gilt seit dem späten Mittelalter der Begriff "Nürnberger Witz".

Die Nachfrage nach Produkten aus der Nürnberger Werkstatt stieg im In- und Ausland kontinuierlich an. Sigmund Schuckert hatte die Grenze vom Handwerksbetrieb zur industriellen Produktion längst überschritten, dachte aber vorerst noch immer handwerklich, also in kleineren Dimensionen. Für seine unternehmerische Leistung erhielt Schuckert 1885 den Titel des Kommerzienrates. Bislang nur mit der Entwicklung seiner Firma beschäftigt, heiratete der erfolgreiche Unternehmer im gleichen Jahr seine Frau Marie Sophie. Die Gemahlin wuchs schnell in die Rolle der Fabrikantengattin hinein. Schuckert selbst lag das Wohl seiner Mitarbeiter schon immer Herzen, aber bei der Größenordnung die der Betrieb jetzt erreicht hatte, musste das persönliche Engagement aufgeteilt werden. Konstruktion, Produktion und Vertrieb wurden in eigene Geschäftsbereiche unterteilt. (Mehr dazu im Kapitel: Schuckert & Co.)

Sigmund Schuckert erkrankte schwer. Das Nervensystem machte ihm zu schaffen. Er hatte zeitweise keine Kontrolle über den eigenen Körper mehr. Sprach- und Gehstörungen waren die Symptome. 1892 zog sich der Firmengründer ganz aus dem Betrieb zurück und übergab die Leitung an Alexander Wacker. Im damaligen Nobel-Kurort Wiesbaden versuchte der Protagonist seinen Gesundheitszustand zu verbessern

Einer letzten großen Berufung konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr folgen. Neben Oskar von Miller, Emil Rathenau und Werner von Siemens sollte Schuckert 1893 in der Jury bei einer Ausstellung in Chicago sitzen. Sein Gesundheitszustand hatte sich, trotz aller Anstrengungen, nicht gebessert. Sigmund Schuckert starb geistig verwirrt am 17. September 1895. Die Fertigstellung der neuen, größeren Fabrikationsstätten konnte der Elektropionier nur noch teilweise mitverfolgen.

In Nürnberg erinnern noch der Schuckertplatz, die Schuckertstraße sowie das Sigmund-Schuckert-Gymnasium an den erfindungsreichen Mechaniker. Eine Säule mit Schuckert-Büste befindet sich in der Grünanlage an der Ecke Volta-/Schuckertstraße.



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Text: mw
Verwendete Literatur: BNN, NWM, IKN,SLN RIF

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