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Zum König Otto

Ein Wirtshaus nach Wittelsbachern, bayerischen Königen oder Prinzregenten zu benennen, war im Nürnberg des 19. Jahrhunderts eine beliebte Sitte. Bis vor einigen Jahren existierte noch das Gasthaus König Otto in der Winklerstraße 3, mit seiner über Jahrzehnte bekannten, gut bürgerlichen Küche. Im längst vergangenen Tagen war das Lokal zeitweise ein Treffpunkt "übelberüchtigter Personen beiderlei Geschlechts" – ein Sammelplatz von Halb- und Unterwelt.


Georg Brunner, der Wirt des "Goldenen Baums" in der Füll, transferierte 1832 die Garküchen-Gerechtigkeit seines bisherigen Restaurants auf sein neues Domizil in der Winklerstraße, nachdem er den "Goldenen Baum" an den Tabakfabrikarbeiter Franz Xaver Ramp verpachtete. Im Bereich um Hauptmarkt, Waaggasse und Winklerstraße gab es zu dieser Zeit einige gastronomische Konkurrenz, wie etwa die "Goldene Gans" (Winklerstraße 15), den "Waagkeller" (Waaggasse 3) oder die "Herrentrinkstube", wo auch die Mitglieder des Magistrats verkehrten.

Brunner selbst betrieb den "König Otto" nur zwei Jahre. 1834 verpachtete er das Lokal an einen gewissen Wilhelm Baumeister, gefolgt von Andreas Hofmeister ab 1837. Georg Brunner war zwischenzeitlich verstorben, als seine Frau Regina das Wirtshaus im Jahr 1841 an Johann und Apolonia Merkel vermietet. Im gleichen Zug verkauft sie den neuen Wirtsleuten ein Billard mit 20 Queues. Es wird vereinbart, dass der Kaufpreis in Höhe von 85 Gulden, in vier Raten abgestottert werden kann.

Turbulent ging es Ende des 19. Jahrhunderts im "König Otto" zu. 1891 musste sich Bürgermeister von Seiler von Amts wegen mit dem Lokal befassen. Den Anwohnern waren die Gäste, hauptsächlich Land- und Fuhrleute die ihre Produkte am Hauptmarkt verkauften, zu laut. Dies schien sich auch nicht zu ändern als Anton Ferstl das Haus mit seinen 36 Fremdenbetten von 1905 bis 1913 betreibt.

Unter dessen Leitung muss der "König Otto" ein zweifelhaftes Etablissement gewesen sein. Polizeiberichten zufolge sollen dort überwiegend Zuhälter, Prostituierte und Schmuggler verkehrt sein. Sogar eine Mädchenhändlerin wurde in dem Anwesen verhaftet. Das Brauhaus Nürnberg, in dessen Besitz das Gasthaus inzwischen übergegangen ist, verpachtet den "König Otto" 1914 an Friedrich Dorn. Doch der zweifelhafte Ruf haftet noch an dem Lokal, was die täglichen Polizeikontrollen belegen. Das Brauhaus wendet sich daraufhin an den Magistrat und bittet diese Maßnahmen einzustellen. In einem Schreiben heißt es:

"Der Gasthof war, wie wir ja leider selber wissen, lange Zeit ein Treffpunkt übelberüchtigter Personen beiderlei Geschlechts." Im Hinblick auf die Kontrollen wird angeführt, dass sie: "die ordentlichen und soliden Personen, die nun wieder in unserem Lokal verkehren, vom Besuch abschrecken. (...) und bitten wir, diese Controllen einzustellen."

Die Familie Dorn hat in den folgenden Jahren die Wirtschaft in der Winklerstraße wieder auf höheres Niveau gebracht und den "König Otto" als gut bürgerliche Gaststätte etabliert. Auch nachdem das Anwesen, mit Hausmadonna und steinernem Chörlein, 1945 ausgebombt wurde, gaben die Dorns nicht auf. Bis 1950 verköstigten sie ihre Gäste in einer Stehkosthalle. Erst als 1958 das Haus wieder aufgebaut wurde, war der "König Otto" wieder ein "richtiges" Lokal.

In den 1980/90er Jahren wurde das Gasthaus von einem Wirtsehepaar betrieben, dass gut bürgerliche Küche zu annehmbaren Preisen anbot. Selbst zur Spielwarenmesse wurde kein messeüblicher Aufschlag (eine Unsitte) erhoben und so galt der "König Otto" zu Messezeiten als Geheimtipp, was sich dementsprechend in den Gästezahlen wiederspiegelte. Nachdem die Wirtsleute die Gaststätte (ca. 1999) aufgegeben hatten, mietete sich nach Leerstand dort ein China-Restaurant ein, dass aber auch nicht lange Bestand hatte. Bevor der Betreiber des benachbarten, italienischen Restaurants "Al Fiume" die Gasträume zusätzlich übernahm, stand das Lokal einige Zeit leer. Doch auch dieser Pächter, ein pakistanischer Gastronom der neben dem Pegnitz-Ponton noch weitere Gastronomieobjekte betrieb, konnte die altehrwürdige Wirtschaft nicht auf Dauer mit Leben füllen – er ging Anfang November 2008 bankrott und ist seither auf der Flucht. In den Gazetten war von einem aufwändigem, luxuriösem Lebensstil die Rede.

Die oben erwähnte Pizzeria hat einen neuen Pächter gefunden und trägt jetzt (Dez. 2008) den Namen "Riverside". Auch der "König Otto" hat einen neuen Betreiber und wird von nun an als "Al Ponte" geführt.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: ANG, NWG

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