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Dutzendteich

Damals wie heute sind der Dutzendteich und das angrenzende Areal ein beliebtes Ausflugsziel. Sein Name leitet sich nicht, wie oft vermutet wird, von der Anzahl der Weiher, sondern von "dutze" (=Schilfrohrkolben) ab. Der Dutzendteich besaß sogar einmal einen Leuchtturm, der aber dem Größenwahn der Nationalsozialisten weichen musste. Der See diente und dient nicht nur der Naherholung, er hat auch eine lange Geschichte. Die Gebrüder Späth gründeten am Nordwestestufer 1825 die erste Maschinenfabrik Bayerns. Für die Zerstückelung in Kleinen und Großen Dutzendteich sowie der Zweckentfremdung des Geländes waren wiederum die Nazis verantwortlich.


Der Dutzendteich ist kein natürlich entstandenes Gewässer, sondern wurde künstlich angelegt. Wahrscheinlich schon im 13. Jh. Jahren begann man mit der Aufstauung des Langwassers und weiterer kleiner Bäche – mit Sicherheit ist dies ab den 1430er Jahren festgestellt. Der Dutzendteich und seine Nebenweiher sollten als Wasserspeicher und zur Fischzucht genutzt werden. Die Familie Waldstromer wurde 1337 als Besitzer der Teichlandschaft genannt, bevor der Rat der Stadt 1495 das Areal kaufte. Bereits 1496 werden am Ausfluss des Dutzendteichs zwei Hammermühlen erwähnt. Um die Wasserkraft zu erhöhen, wurde im gleichen Jahr noch der Fischbach durch den Teich geleitet.

Im 16. Jh. parzellierte man den Dutzendteich durch das Anlegen von Dämmen. Die Fischzucht betrieb der städtische Rat in Eigenregie, außerdem fand alle zwei Jahre ein Abfischen statt. Nach dem so genannten Ratsfischen wurde der Fang an Anspruchsberechtigte verteilt. Dieses Ereignis zog viele Schaulustige an, weil nach zwei Fischzügen der Obrigkeit das Wasser abgelassen wurde und die Teiche der Allgemeinheit zum Nachfischen überlassen wurden. Das Ratsfischen wurde bis 1873 durchgeführt und war im 19. Jh. eine gern besuchte Volksbelustigung. Mehr als 100 Leute sollen sich in das sumpfige Gelände begeben haben um die übrig gebliebenen Fische einzusammeln, was von den umstehenden Zuschauern amüsiert beobachtet wurde.

Bereits im 17. Jahrhundert war das Gewässer ein beliebtes Ausflugsziel. Nachdem ein Verbot zum Ausschank von Getränken nicht fruchtete, wurde 1638 dem Weihermeister ein Schankrecht erteilt. Im Gegenzug musste der Badebetrieb und das Befahren mit Booten eingestellt werden. Die Zahl der Ausflügler stieg kontinuierlich an, sodass der Rat der Stadt 1713 ein steinernes Gasthaus (Wirtshaus am Dutzendteich) am Nordwestufer errichten ließ.

1813 schrieb Johann Ferdinand Roth über den Dutzendteich: "Zu den Lustorten der Nürnbergischen Einwohner gehört auch der sogenannte Dutzend-Teich. Bey dem Dutzend-Teiche, einem Beträchtlichen Weiher, befindet sich ein Wirthschaftsgebäude, das mit einem Walde ringsumher umgeben ist. Jener Weiher erhielt den Namen Dutzend-Teich, weil in jener Gegend auch ohngefähr zwölf andere Weiher sind, von denen manche in den neuesten Zeiten zu Wiesen benützt werden. Dieser Lustort liegt eine halbe Stunde vor dem Frauenthor gegen Morgen. Im Sommer kann man auf Gondeln und Kähnen fahren; im Winter vergnügen sich viele Personen auf dem zugefrorenen Weiher, indem sie auf dem Schlitten fahren oder auf Schlittschuhen laufen."

Im 19. Jahrhundert, die Anziehungskraft des Dutzendteichs war ungebrochen, wurde der Teich wieder mit Booten befahren. Die Gondel "Preciosa" bot 1826 Platz für zwölf Fahrgäste und vier Ruderer. Ende des 19. Jahrhunderts setzte man, ganz zeitgemäß, "Accumulatorboote" der Firmen Schuckert und Späth ein.

Nachdem das Dutzendteichgelände verkauft wurde, gründete sich 1823 die "Dutzendteich-Park-Actiengesellschaft", die bis 1941 bestand. Ziel war es, "... den Vergnügungsort Dutzendteich seiner bisherigen Bestimmung, den Einwohnern Nürnbergs eine Stätte der Erholung und des Vergnügens zu sein, zu erhalten und zu verschönern."

Da die Schiff-Fahrt im Sommer, sowie das Eislaufen im Winter viele Vergnügungslustige anzog, siedelten sich in der Nachbarschaft weitere Gastronomiebetriebe an. So entstand 1869 das Ausflugslokal "Waldlust", gefolgt von der "Seerose" (1896) und dem "Volksgarten" (1889). Das von der Stadt erbaute "Wirtshaus am Dutzendteich" wurde 1899 durch das beliebte "Park-Café-Wanner" ersetzt. Inzwischen war das Naherholungsgebiet auch verkehrstechnisch erschlossen. Die Bahnstation Dutzendteich entstand 1870, die Pferdebahn verkehrte seit 1882 und wurde 1896 durch die elektrische Straßenbahn ersetzt.

Auch in Zeiten der Industrialisierung spielte der Dutzendteich eine bedeutende Rolle. Am Ausfluss des Fischbachs gründeten die Gebrüder Späth 1825 ihre spätere Maschinenfabrik. Und da Nürnberg, dank Unternehmern wie Schuckert, Späth, Faber, Cramer-Klett und anderen, ein wichtiger Ort der Maschinen-, Bleistift-, und Elektroapparateindustrie war, richtete man 1906, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Bayernzugehörigkeit, die Landesausstellung am Dutzendteichgelände aus, im heutigen Luitpoldhain Im gleichen Jahr fand auf dem Gewässer Deutschlands erstes Damen-Ruderrennen statt.

Extra für die Landes-Gewerbe-Industrie und Kunstausstellung wurde unweit eine Parklandschaft angelegt – der Luitpoldhain. Auf 700.000 qm Fläche präsentierten bayerische Unternehmen ihre Leistungsfähigkeit. Es wurden Gebäude mit jugendstilähnlichen Fassaden errichtet, die aber nach Ende der Ausstellung wieder abgebaut wurden. Eine besondere Attraktion war der am Südufer erbaute Leuchtturm, der ebenfalls 1906 entstand. Er war als Aussichtsturm konzipiert und imitierte die Scheinwerfersignale eines echten Leuchtturms. Die Besucher wurden mit einem elektrischen Aufzug im Turminneren auf die Aussichtsplattform gebracht. Das bei den Nürnbergern beliebte Bauwerk wurde im Oktober 1935 von den Nationalsozialisten gesprengt. Es stand dem Bau der Kongresshalle im Weg.

Ein Spektakel der besonderen Art ereignet sich im Dutzendteich kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Harry Houdini, der berühmte Entfesselungskünstler, war auf Europa-Tournee und wollte in Nürnberg seinen spektakulärsten Bühnentrick, die "Chinesiche Wasserzellenfolter" vorführen. Houdini war den deutschen Polizeibehörden jedoch suspekt, weil er sich aus fast jeder erdenklichen Fesselung befreien konnte. Er arbeitete mit handelsüblichen Schlössern, Handschellen und Ketten, dennoch ist es niemand jemals gelungen ihn so zu fesseln, dass er seine Selbstbefreiung nicht schaffte – auch der Polizei nicht.

Dies war dem dem Nürnberger Polizeichef Schlumberger natürlich ein Dorn im Auge, man wollte sich schließlich nicht vorführen lassen. Houdini wollte, um alle Zweifel an seiner Kunst auszuräumen, seinen Trick nicht wie sonst üblich in einem Wasserbecken, sondern im Dutzendteich vorführen. Schlumberger untersagte die Vorstellung, dumm nur das dieses Verbot dem Künstler nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde.

Tausende Schaulustige wurden mit etlichen Sonderzügen der Nürnberger Verkehrsbetriebe an den Dutzendteich gebracht. Sie beobachteten wie Harry Houdini schwer gefesselt ins Wasser sprang und kurze Zeit später unter dem Jubel der Menge unversehrt wieder auftauchte und unverzüglich von der Obrigkeit verhaftet wurde.

Da ihm das Verbot zum Zeitpunkt seiner Vorführung nicht mitgeteilt wurde, versuchte ihn die Staatsanwaltschaft wegen unerlaubten Badens außerhalb der Saison anzuklagen. Der Richter jedoch, ein Verehrer Houdinis wie sich später herausstellte, wollte diese Farce nicht mitspielen, sodass das Nürnberger Gastspiel ohne Folgen blieb.

Bevor der Tiergarten seinen heutigen Standort am Schmausenbuck bezog, war er seit 1912 auf einem Teil des Geländes der Jubiläumsausstellung und an den so genannten Nummerweihern angesiedelt. Über 800 Tiere konnten bestaunt werden und in den Weihern tummelten sich Seelöwen und Eisbären. Nicht nur der Leuchtturm und der Tiergarten waren den Nationalsozialisten im Weg, auch der Dutzendteich musste sich eine Verkleinerung gefallen lassen.

Das NS-Regime erkannte schon früh, dass sich Dutzendteichgelände und Luitpoldhain hervorragend für Massenveranstaltungen eignen. Das Reichsparteitagsgelände, ein Projekt von monumentalen Ausmaßen, sollte hier entstehen. Der Leuchtturm musste wie bereits erwähnt der Kongresshalle weichen, und durch den Bau der Großen Straße (Aufmarschstraße) wurde die Teichlandschaft brutal zerschnitten. Das Gewässer wurde durch das nie fertig gestellte Reichsparteitagsgelände verstümmelt. Neben der Teilung in Kleinen und Großen Dutzendteich "verdanken" wir dem NS-Regime ein weiteres Gewässer: Den Silbersee – eine mit Grundwasser vollgelaufene Baugrube des "Deutschen Stadions".


Der "Volkspark Dutzendteich" heute

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Dutzendteichgelände wieder zu dem umfunktioniert was es schon immer war – ein Naherholungsgebiet. Längst wurde das Areal des Volksparks unter Denkmalschutz gestellt und zum Stadtbiotop erklärt. Heute werden die Ufer des Gewässers vorwiegend von Spaziergängern, Radlern, Skatern, und Joggern genutzt. An schönen Sommerwochenenden kann es dann schon einmal eng werden. Auch die Boote sind seit Langem auf den kleinen See zurückgekehrt, allerdings in verkleinerter Form. Vergnügungsschiffe gibt es nicht mehr – wer auf dem Teich schippern will, muss sich schon selbst anstrengen. Es können Ruder- und Tretboote unterschiedlicher Größe angemietet werden. Auch der Yacht- und Segelclub Nürnberg hat am Dutzendteich samt Club- und Bootshaus sein Zuhause.

Nicht nur kulturell, sondern auch ökologisch erfüllt das Gelände seinen Zweck. Für zahlreiche Tiere und Pflanzen der sogenannten Roten Liste dient das Gebiet als Schutzzone.

Zweimal im Jahr wird es laut an Nürnbergs ältesten Weiher. Beim Festival "Rock im Park" campen tausende Musikfans am See und den umliegenden Gebieten. Trotz Badeverbot nutzen viele Festivalbesucher den Kleinen und Großen Dutzendteich sowie den Silbersee für einen Sprung ins kühle Nass. Leider ein sehr gefährliches Unterfangen, dass Übermutige schon mit körperlichen Schäden bezahlen mussten. Beim Norisring-Speedweekend (ehem. "200 Meilen von Nürnberg") dient das Stadtbiotop als mediterrane Kulisse. Die Top-Teams der DTM (Deutsche-Tourenwagen-Masters) schlagen gern ihre Hospitality-Zelte am Ostufer des Dutzendteichs auf um ihre Gäste zu bewirten – Seeblick inklusive. Da das Rennen auf einem "Stadtkurs" rund um die Stein- bzw. Zeppelintribüne stattfindet, dem einzig einst fertig gestellten Relikt der Nationalsozialisten, und die Rennstrecke unmittelbar am Gewässer liegt, wird der Norisring oft als "Klein-Monaco" bezeichnet.

Die Traditionsgaststätte "Wanner" existiert in veränderter Form heute noch und wurde durch den neuen Besitzer, einer Brauerei, erst kürzlich generalsaniert ("Gutmann am Dutzendteich" vormals Wanner). Einzig die Konzertmuschel erinnert noch an das "Original". Die legendäre "Seerose" musste in den 1990er Jahren dem Ausbau der Ringstraße weichen. Die beiden hölzernern Chörlein wurden gerettet und auf Initiative der Altstadtfreunde am ehemaligen "Roten Ross" (Weinmarkt 12a) und am Hauptmarkt 9 (Korn und Berg) angebracht. Ein Teil der halbfertigen Kongresshalle beheimatet seit 2001 das "Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände". Ein vom Dokuzentrum mit Hinweistafeln ausgestatteter Weg, führt durch das Gelände rund um den Dutzendteich.


Hanns Schödel über das Treiben am Dutzendteich (1923)

Hanns Schödel, später als Peter Luginsland bekannt, schreibt in "Nürnberger Sehenswürdigkeiten – Ein lustiges Hanns Schödel-Buch" über den Vergnügungsort und seine Besucher *:

"Die halbherrschaftliche Seite umfaßt den Volksgarten, die Seerose und den tiefer gelegenen Teil des Hauptrestaurants. Dort sitzen kinderreiche Familien und essen aus mitgebrachten Freßkobern viel Brot und weniger Wurst. Dazu konsumieren sie Dünnbier und geben dem Kellner 5 Pfennige Trinkgeld. Auf der hochherrschaftlichen Seite – auf der sogenannten Terrasse weht ein anderer Wind Dort sitzen, steif wie die Figuren in Geißlers Anatomischen Museum auf dem Volksfest, die Mitglieder der Eleganten Welt die den Delikateß-Foxtrott und den Truthahn-Tanz auf dem Gewissen haben. Die Mitglieder der Eleganten Welt lesen den mitgebrachten Junggesellen oder Die elegante Welt und schauen sich gegenseitig mit dem Ausdruck ungeschminkter Selbsthochachtung in die Augen. Dazu schlürfen sie Sorbetos oder Eiskaffee und rauchen feine Zigarren, das Stück zu 80 Pfennigen."

Und warum wurde das Gewässer erschaffen? Auch hierfür hat der Beobachter eine Antwort:

"Der Dutzendteich wurde vom Schicksal erschaffen, damit die lieben Nürnberger wissen, wann ein Sonntag ist. Ein Nürnberger, der an einem Sonntag nicht an den Ufern des Dutzendteiches weilt, weiß gar nicht, dass überhaupt Sonntag ist."



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Text: mw
Fotos: wikipedia.de ©Pegasus2
Verwendete Literatur: VPN, SLN, Nürnberger Nachrichten 26.05.2009; *entnommen SSG

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