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Autokino Nürnberg

Das Autokino in Nürnberg war lange Jahre ein Anziehungspunkt für Kinofans aus der Region. "Eine Zeitlang war das Kino unter freiem Himmel ... ein Magnet -– nicht nur für junge Liebespaare. Es hält seinen Betrieb noch immer aufrecht." Der letzte Satz aus dem Stadtlexikon Nürnberg (1999) ist bereits Geschichte. Ende 2002 kam für die Betreibergesellschaft das Aus, die Tucher´sche Stiftung wollte den Pachtvertrag nicht verlängern.


Wie so manches was über den großen Teich schwappte, ist auch das Autokino eine amerikanische Erfindung. Hochkonjunktur hatten diese als "Drive-In-Theatre" bezeichneten Kinos in den USA während der 1950/60er Jahre. 4.000 Lichtspieltheater dieser Art gab es in diesem Zeitraum in den Vereinigten Staaten. Und als drüben bereits das große Sterben einsetzte, wurden in Deutschland die ersten Autokinos eröffnet.

Als es in Erlangen bereits 1954 Aufführungen eines mobilen Autokinos auf dem Parkplatz der Frieseke & Höpfner-Werke gegeben hatte, wussten die Besucher nicht so recht wie sie mit dem Medium umgehen sollen. Viele stiegen aus dem Auto aus. Das erste "stationäre" Autokino wurde 1960 in Gravenbruch bei Frankfurt in Betrieb genommen und existiert noch heute (2010).

Nach Nürnberg kam das erste Freiluftkino Bayerns 1969, als elftes in der Bundesrepublik. Eröffnet wurde es am 7. Mai mit dem Thriller "Die Lady in Zement". Die Anlage auf dem 60.000 Quadratmeter großen Areal am Marienberg kostete mehr als zwei Millionen D-Mark, hatte eine 36 Meter breite und 15 Meter hohe Bildwand. Geplant hatte es der Nürnberger Architekt Georg Gerhard, im Auftrag der Düsseldorfer "Decla-Autokino-GmbH".

Mit seinen 14 Stellreihen fasste es 1.111 Kraftfahrzeuge. Die rampenähnlichen Stellplätze waren mit Säulen bestückt, an denen die Lautsprecher und Heizlüfter befestigt waren. Beide konnten ins Auto eingehängt werden und mit einem Knopf wurde bei Bedarf der Service angefordert. "Ein Knopfdruck genügt -– wenn die grüne Lampe brennt, ein junger Mann vom Service rennt."

Trotz anfänglicher Bedenken, hatte das Autokino vom Start weg Erfolg. In den Nürnberger Nachrichten war nach den ersten Monaten zu lesen: "Das amerikanische Beispiel scheint zum durchschlagenden Erfolg zu werden ... Das rege Interesse lässt die Skeptiker verstummen. Sie fürchteten die verschlossene Mentalität der Franken." Und tatsächlich war die Betreibergesellschaft, die Jann-Werbe- und Filmbetriebs-GmbH zufrieden. Bereits im ersten Jahr waren alle Kosten wieder hereingespielt. Innerhalb von fünf Jahren konnte man 1,5 Millionen Besucher verzeichnen unter denen sich auch ein treues Stammpublikum herauskristallisierte. Die Filmvorführung begann, je nach Saison, meist um 20.45 Uhr. Zeitweise gab es auch eine Spätvorstellung mit den in den 60er Jahren beliebten Sex-Schmonzetten wie "Liebe durch die Hintertür" oder "Die liebesstollen Dirndl von Tirol" bei denen auch ein gewisser Herbert Hisel mitwirkte.

Aber was machte diesen Erfolg aus? Nun, man musste keine Kleidervorschriften beachten, konnte sein Haustier mitbringen und während der Vorstellung auch essen und rauchen, was in konventionellen Lichtspielhäusern untersagt war. Zu Zeiten als es in der Noris noch keinen McDonalds gab, hatte das Freilichtkino schon eine "Hamburger-Hütte" nach amerikanischem Vorbild und eine Snack-Bar. Und für Liebespaare war der Ort sowieso eine beliebte Anlaufstelle. Auch als in fast jedem Haushalt mindestens ein Fernsehgerät existierte, hielt sich der Besucherstrom am Marienberg nahezu konstant. Im Jahr 1998 zählte man 50.000 Freiluftkino-Fans. An guten Tagen wurde die Vorstellung von 2.700 Personen besucht.

Wahrscheinlich hätte die Jann-Betreibergesellschaft nicht mehr in die Anlage investiert, wäre das bevorstehende Aus bekannt gewesen. Unter anderem wurde einige Jahre zuvor noch ein neuer 7.000-Watt-Filmprojektor angeschafft, das Restaurant renoviert und eine Funktechnik für Filmton in Stereoqualität installiert. Zwar kämpfte auch das Autokino am Marienberg mit Besucherrückgang, diesem versuchte man aber mit anderen Veranstaltungen entgegenzuwirken. So hielt man auf dem Gelände Floh- und Gebrauchtwagenmärkte ab.

Das half alles nichts, die Tucher´sche Stiftung der das Areal gehörte, wollte den Pachtvertrag nicht verlängern – für Betreiber und Stammgäste ein herber Schlag. Nach über 30 Jahren ging Ende 2002 in Nürnberg eine Ära zu Ende. "Die zwei Türme" aus der "Herr der Ringe"-Trilogie war der letzte Film der am Marienberg gezeigt wurde. Nach Vorstellungsende gab es letztes wehmütiges Hupkonzert und es wurden Silvesterraketen gezündet. Viele Filmfans denken noch heute wehmütig an das befahrbare Freilichtkino zurück.

Nach Schließung wurde das Autokino abgerissen und das Areal neu bebaut. Heute steht auf dem Gelände an der Marienbergstraße 90 ein Autohaus.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: SLN, VKC; Sonntagsblitz v. 03.05.2009: "Großes Kino auf fahrbarem Untersatz" von E. Vieweg-Eidloth

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