Logo - nuernberginfos.de

Abendzeitung Nürnberg – 8 Uhr-Blatt

Die Abendzeitung Nürnberg (AZ) war jahrzehntelang die Boulevardzeitung für die Noris und einen größeren Umkreis. Im September 2012 kam das Aus, am 29.09.12 erschien die letzte Ausgabe.


Als erste Boulevardzeitung Deutschlands erschien am 18.10.1919 das "8 Uhr-Abendblatt". Die Zeitung wurde vom damals streng katholischen Sebaldus Druck und Verlag GmbH herausgebracht. Der päpstliche Kammerherr Prälat Balthasar Möckel hatte damals das Blatt aus der Taufe gehoben. Jedoch war sein weltliches Projekt dem Bamberger Bischof Jacobus von Hauck ein Dorn im Auge, obwohl das 8 Uhr-Abendblatt wirtschaftlich erfolgreich war – bereits1920 erreicht es eine Auflage von 25.000 Exemplaren. Zeitweise war die Straßenverkaufszeitung Nürnbergs auflagenstärkstes Blatt. Dennoch musste Verlagsmann Möckel nachgeben, der Druck der Bistumsspitze war zu groß.

Die Zeitung wechselte 1930 den Besitzer. Neuer Eigentümer wurde der Nürnberger Verleger Max Willmy, der damalige Herausgeber der Sportzeitschrift "Kicker". Als linientreuer Unternehmer unter dem Naziregime konnte Willmy das 8 Uhr-Blatt, wie es von der Bevölkerung genannt wurde, auch während des Zweiten Weltkriegs herausgeben – bis zum bitteren Ende im April 1945. Nachdem die Besatzer den Lizenzzwang aufhoben, erschien die erste Nachkriegsausgabe erst 1949. Mitte der 1950er Jahre erreichte die Auflage über 60.000 Exemplare.

Ein erneuter Besitzerwechsel erfolgte 1964, als der Münchner Verleger Werner Friedmann die Zeitung übernahm und mit seiner Münchener Abendzeitung verschmolz. Fortan führte das Tageblatt den Titel Abenzeitung, mit dem Untertitel 8 Uhr-Blatt. Dem Ableger des Münchner Boulevardblatts widerfuhr eine qualitative Aufwertung. Friedmann legte Wert auf seriös recherchierte Artikel und niveauvoll geschriebene Reportagen, sowie einen exzellenten Kulturteil. Man musste sich im Straßenverkauf gegen die Konkurrenz mit den vier großen Buchstaben behaupten. Ein Glanzlicht bei den Kolumnen waren die Gerichtsglossen "Ich bitte um Milde" von Klaus Schamberger alias "Der Spezi unterwegs".

Doch bereits in den 1980er Jahren sank die Auflage und die Nürnberger Redaktion bangte um die Arbeitsplätze. Die Münchner Firmenleitung erwartete dass sich das Blatt wirtschaftlich selber trug. Ein Journalist der 32 Jahre in der Redaktion arbeitete gegenüber den "Nürnberger Nachrichten: "Es war eigentlich immer ein Zitterspiel. Irgendwie ging ständig die Sorge um: Die werden´s doch nicht einstellen." Immer häufiger wechselten die Redaktionsleiter, es wurde unruhiger bei der Abendzeitung. Insidern zufolge wurden gravierende Managementfehler gemacht.

Von vielen, den Autor eingeschlossen, wurde die AZ als Zweitzeitung gekauft. Dennoch sank die Auflage erst auf 30.000, dann auf unter 25.000. Ein Grund dafür mag vielleicht sein, dass die Seite 3 mit Reportagen aus der Münchner Ausgabe, durch lokale Berichterstattung ersetzt wurde, was auch von Mitarbeitern als großer Fehler betrachtet wurde. Der Rotstift musste angesetzt werden. In der hiesigen Redaktion wurden einige Stellen gestrichen. Um 2002 fiel dann auch der eigenständige Vertrieb in Nürnberg weg und fest angestellte Fotografen verloren ihren Job.

Im Frühjahr 2010 kaufte der Nürnberger Verleger Gunther Oschmann (Müller Verlag) die Abendzeitung Nürnberg. Es keimte die Hoffnung auf, dass der Unternehmer die AZ wieder zu höheren Auflagen führen würde. Doch dieser Wunsch ging leider nicht in Erfüllung. Nur noch 14.000 Exemplare wurden täglich im zweiten Quartal 2012 gedruckt. Man munkelte über ein tägliches Defizit in Höhe von 7.000 Euro. Versuche mit Kooperationsangeboten bei anderen Zeitungsverlagen fruchteten nicht. Zuletzt versuchte Verleger Oschmann die Zeitung wieder zu verkaufen – ohne Erfolg.

Am 29. September 2012 erschien die letzte Ausgabe der Abendzeitung Nürnberg. Mit der Schlagzeile "Nach 93 Jahren sagen wir servus. DANKE Nürnberg, Fürth, Erlangen ..." Damit ist ein Stück fränkische Zeitungsvielfalt verschwunden, die "Zitterparte" ist vorbei. Manche werden der AZ keine Träne nachweinen, andere werden sie vermissen, den Autor eingeschlossen.

P.S. Der Logo der AZ hat sich in den vielen Jahren nur unwesentlich verändert. Bis in die 1950er Jahre prangte nur "8 Uhr-(Abend)Blatt in schwarzen Lettern auf der Titelseite. In den 1960ern stand das Wort Abendzeitung (in Schreibschrift) mit dem Untertitel 8 Uhr-Blatt in einem roten Rechteck. In der Folgezeit wurde das rote durch ein blaues Rechteck ersetzt. Ab 2010 erschien die Zeitung mit einem roten Quadrat und der Inschrift "AZ Nürnberg", darunter ein kleines, blaues Rechteck mit "Abendzeitung / 8 Uhr-Blatt.


Weitere themenverwandte Seiten:


Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: SLN;
Nürnberger Nachrichten: "Schock für 35 AZ-Mitarbeiter", 28.09.2012 (bey) und "Einstige Perle des Boulevards" v. Hans-Peter Kastenhuber, 01.10.2012; AZ Nürnberg "Die letzte Ausgabe", 29.09.2012

Seitenanfang