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Luftangriffe auf Nürnberg – Luftkrieg zwischen 1942 und 1945

Nachdem deutsche Bomber ab 1940 Angriffe auf englische Städte flogen, begannen die Alliierten 1942 mit einem erbitterten Luftkrieg gegen Deutschland. Nürnberg lag nach den Bombenangriffen während des Zweiten Weltkriegs in Schutt und Asche. Über 90 Prozent der historischen Nürnberger Altstadt waren zerstört. Die schwersten Schäden erlitt die Noris durch den britischen Nachtangriff vom 2. Januar 1945, bei dem ca. 1.800 Tote zu beklagen waren. Im Folgenden sind die Offensiven erwähnt, die mehr als zehn Todesopfer forderten – insgesamt fanden 59 Luftangriffe auf Nürnberg statt.


Die Alliierten flogen zwischen 28.08.1942 und 11.04.1945 siebzehn größere Luftangriffe bei denen über 6.000 Menschen ums Leben kamen. Die Offensiven in den ersten Kriegsjahren gingen relativ "glimpflich" ab, wahrscheinlich auch weil die Bomberpiloten bei ihren Nachangriffen teilweise "nur" die Vororte trafen. Beim Angriff im August 1942 mit 159 Maschinen, gingen Bomben die für Nürnberg bestimmt waren, über Erlangen nieder. Auch beim britischen Nachtangriff vom 25./26. Februar 1943 verfehlten die "Pfadfinder", die rote und grüne Leuchtmarkierungen setzten, teilweise ihr Ziel. (Pfadfinder: Dem Bomberpulk vorausfliegende Flugzeuge) Bomben schlugen hauptsächlich in Randbezirken, in Fürth und weiter entfernten Dörfern ein.

In einem Arbeitspapier über die Strategie der Luftangriffe der Royal Air Force vom 23. September 1941 hieß es:

"Das höchste Ziel eines Angriffs auf einen städtischen Wohnbezirk ist es, die Moral der Bevölkerung zu brechen, die dort wohnt. Um dies zu gewährleisten, müssen wir zwei Dinge erreichen; erstens müssen wir die Stadt physisch unbewohnbar machen und zweitens den Menschen das Bewusstsein einer ständigen persönlichen Gefährdung geben. Deshalb haben wir ein unmittelbares Doppelziel nämlich Zerstörung und Todesfurcht zu produzieren."

Auch beim Angriff am 8. März 1943 verfehlte mehr als die Hälfte der Bombenlast ihr Ziel. Dennoch wurden in der Noris 600 Gebäude völlig zerstört. Beschädigungen verzeichnete man an den Betriebsstätten von MAN und Siemens, ca. 300 Menschen fanden den Tod.

Beim nächsten britischen Nachtangriff, mit 653 Flugzeugen, am 10./11. August 1943, konnten die Besatzungen die Markierungen der "Pfadfinder" schlecht erkennen – die Wolken waren zu dicht. Trotzdem erlitt die Lorenzkirche schwere Schäden, in Wöhrd wurde von den Aufklärern eine große Feuerzone beobachtet, der Stadtteil wurde fast vollständig zerstört. In der Südstadt musste die Industrie schwere Treffer verzeichnen. Neumeyer (Zündapp), Diehl, Kugelmüller, TeKaDe und andere waren betroffen. Der Bombenteppich, 1.739 t Spreng- und Brandbomben, forderte 585 Opfer.

Ein weiterer Luftangriff mit 647 Flugzeugen erfolgte am 27./28. August 1943. Auch hier hatte die Stadt Nürnberg "Glück". Die "Pfadfinder" konnten wegen Schwierigkeiten mit ihren Navigationsgeräten ihre Markierungen nicht bzw. falsch setzen. Wieder wurden hauptsächlich Vororte bombardiert, auch der Tiergarten wurde getroffen. Der Zoo verlor viele Tiere, unter den Einwohnern zählte man 56 Tote. Es gab aber nicht nur Opfer in der Bevölkerung, auch die Royal Air Force (RAF) verlor 33 Maschinen samt Besatzung.

Noch schlimmer traf es die RAF beim Angriff am 30/31. März 1944. Die Engländer hatten das Wetter falsch eingeschätzt und setzten auf eine hohe Wolkendecke, die vor Nachtjägern schützen sollte. Doch es kam anders, der Vollmond leuchtete die Szenerie aus, und die Leitstände der deutschen Luftwaffe fielen nicht auf Finten und Scheinangriffe herein. 80 schwere britische Bomber wurden von der Luftabwehr eliminiert, 545 Besatzungsmitglieder verloren ihr Leben, 198 wurden verletz, 159 kamen in Kriegsgefangenschaft. Am "schwärzesten Tag" der britischen Luftwaffe waren in Nürnberg 75 Tote zu beklagen.

Weitere Luftangriffe folgten am 10.09. (74 Tote), 03.10. (365 Tote), 19.10. (243 Tote), 25./26.11. (72 Tote) und 28.11.1944 (24 Tote). Dann trat die viel zitierte "Ruhe vor dem großen Sturm" ein. Verliefen die bisherigen elf Angriffe eher glimpflich, so sollte Nürnberg zu Beginn des neuen Jahres in Schutt und Asche fallen.

Der Luftangriff auf Nürnberg am 2. Januar 1945 und folgende

910 britische Maschinen machten sich am 2. Januar 1945 auf den Weg nach Deutschland. Die Bombenlast von 521 Flugzeugen war für Nürnberg bestimmt, die restlichen Bomber nahmen Kurs auf Ludwigshafen. Der Angriff war in drei Wellen eingeteilt und mit 15 Minuten kalkuliert. Bei den ersten zwei Angriffswellen wurden Sprengbomben, bei der Dritten Brandbomben abgeworfen. Der Australier Frank Petch, Bordfunker einer Lancaster die auf die Noris angesetzt war, hat im Selbstverlag ein Buch mit dem Titel "We dood it too" (Wir haben es auch geschafft) herausgegeben. Darin schildert Petch auch den verheerenden Angriff vom 2. Januar. [Folgende Auszüge sind dem Buch von Michael Diefenbacher und Wiltrud Fischer-Pache (Hrsg.) entnommen: "Der Luftkrieg gegen Nürnberg"]

"Die Nacht war kristallklar, Sterne funkelten am Himmel, und der Mond schien so hell, dass es nahezu Tageslicht war. Die Lancasters vor uns ließen weiße Kondensstreifen hinter sich, denen feindliche Jäger leicht hätten folgen können. Es war eine perfekte Nacht zu fliegen, aber wir waren ja auf dem Weg zum <notorischen Nürnberg>. (...) Nürnberg erwartete wohl keinen Angriff, denn die Lichter in einem weit vom Zentrum entfernten Vorort waren an."

Petch und seine Kameraden waren aber dreieinhalb Minuten vor der geplanten Zeit über Nürnberg. Da die "Pfadfinder" die Ziele noch nicht markiert hatten, befahl der Pilot die Bomben sofort abzuwerfen, da die Spritmenge für die Rückkehr knapp wurde. Dazu verließ die Lancaster ihre Flughöhe und sank auf 10.000 Fuß Höhe (ca. 3.000 Meter). Frank Petch:

"Es schien uns, als ob wir in Dachhöhe mit unserer Lancaster die Stadt überflogen. Die von Schnee bedeckten mittelalterlichen Gebäude erinnerten an eine Weihnachtskarte. Es schien nicht recht zu sein, diese friedliche Szene mit Bomben zu stören. Meine Nerven waren bis zum Reißen gespannt, als wir mit offenem Bombenschacht langsam und stetig über das Stadtzentrum flogen. Ich erwarte jeden Moment, dass ihre berüchtigte Flak das Feuer eröffnet und uns vom Himmel fegt."

Als die anderen Bomber ihre Last über Nürnberg abwarfen, war Petch mit seiner Mannschaft bereits auf dem Heimweg. Ab 19.30 Uhr, der geplanten Angriffszeit, tobte in Nürnberg ein Inferno, von dem sich die Noris nicht so schnell erholen sollte. Die historische Altstadt ein Trümmerhaufen. Diesmal hatten die "Pfadfinder" ihre Markierungen, im Volksmund "Christbäume" genannt, zielgenau positioniert. Fritz Nadler hat als Augenzeuge die Geschehnisse von der Marienbergstraße aus beobachtet und später in seinem Buch "Ich sah wie Nürnberg unterging" veröffentlicht. Hier ein kurzer Auszug zum Angriff vom 2. Januar 1945:

"(...) In der Mitte dieser Feuerwerksgebilde schwebt ein "Christbaum", der grüne, leuchtende, glaskugelähnliche Gebilde aussprüht, die zunächst hochzusteigen scheinen, dann immer mehr und mehr in die Breite wachsen und schließlich langsam-feierlich zur Erde sinken. Ihr fahl-grünes Licht gleicht dem der Bogenlampen am "Kindlesmarkt", wie wir sie 1938 zum letzten Male gesehen haben. Die ganze Altstadt ist von oben herab in ein schreckhaft-fahles Licht getaucht. Die Türme von St. Lorenz, das wuchtige Massiv der Kaiserstallung mit dem Luginsland und der trutzig hochragende Sinwell sowie die ungezählten gespitzten Giebel der alten Noris und des neueren Nürnbergs, bisher nur in ihren Konturen erkennbar, treten in all ihren Einzelheiten deutlich hervor.
(...) Am Himmel glänzt es oft wie Gold. Das müssen doch die Metall-Leiber der Flugzeuge im Widerschein des Altstadt-Brandes gewesen sein. Manchmal meint man, dass die Flammen höher steigen als die Bomber fliegen. Es ist nicht mehr auszuhalten in dieser Bodenmulde beim Marienberg. Ich habe eine Viertelstunde lang zugeschaut.
Keine einzige Bombe ist in diesen fünfzehn Minuten im Raum nördlich der Ringbahn niedergegangen. Ich bin also kilometerweit von der Bombengefahr entfernt. Und doch bekomme ich Angst. Angst um das, was in der Altstadt vor sich geht. Und noch mehr Angst um das eigene Leben. In fünf Minuten bin ich in der Siedlung. ..."


Die Alliierten hatten ihren lang ersehnten Triumph, der im Kriegstagebuch des "Bomber Command" (Bomberkommando) wie folgt vermerkt ist:

"Nürnberg, der Schauplatz so vieler Enttäuschungen für Bomber Command, erlag schließlich diesem Angriff. Die Pfadfinder leisteten gute Bodenmarkierung unter klaren Sichtbedingungen und mit Hilfe des aufgehenden Vollmondes. Das Zentrum der Stadt – insbesondere die östliche Hälfte – wurde zerstört. Die Burg, das Rathaus, fast alle Kirchen und ungefähr 2.000 gut erhaltene mittelalterliche Häuser gingen in Flammen auf. Das Zerstörungsgebiet erstreckte sich auch in die modernen nordöstlichen und südlichen Stadtviertel. 4.640 Gebäude, meist Mietshäuser, wurden zerstört. Das Industriegebiet im Süden mit den wichtigen M.A.N.- und Siemens-Fabriken und die Eisenbahnanlagen wurde auch schwer beschädigt. 415 andere Industrieanlagen wurden zerstört. Es war ein nahezu perfektes Beispiel für ein Flächenbombardement. 1.838 Menschen wurden getötet, und wenigstens 50 gelten als vermisst. Die Zahl der Verletzten wurde nicht verzeichnet."

Das "perfekte Beispiel" wurde nochmals am 20. und 21. Februar 1945 wiederholt, durch zwei Tagesangriffe der US-Luftwaffe – 1.390 Menschen starben. Schwer getroffen waren erneut die angeschlagenen Industriegebäude in der Südstadt, wie MAN, Zündapp, Victoria, Spaeth, Hercules, Nüral, TeKaDe und andere. Weitere Luftangriffe folgten am 16.03. (597 Tote), am 05.04. (195 Tote), sowie am 11.04.1945 – das mittelalterliche Stadtbild war pulverisiert.

Wie gleichgültig dem Naziregime die "deutscheste der deutschen" und auch andere Städte waren, deren Zerstörung billigend einkalkuliert wurde, lässt sich aus einer Rede Josef Goebbels schließen, die er im Juni 1944 auf dem Nürnberger Hauptmarkt hielt:

"Wenn dieser Krieg einmal zu Ende ist, werden wir uns einmal die Frage vorlegen: Wie viele Städte sind zerschlagen worden, wie viele wertvolle Gebäude, wie viele Krankenhäuser, Universitäten, Kirchen? Aber das ist dann nicht entscheidend, sondern entscheidend ist der Sieg ... Wenn ich so eine Stadt überblicke mit ihren zerstörten Straßen und Teilen, mit ihren verkohlten Häuserruinen, und ich überschlage kurz: Wie viel Arbeitskräfte und wie viel Zeit und wie viel Material ist nötig, um das mit unseren modernen Baumethoden wieder in Ordnung zu bringen? – so kann ich nur sagen: Na für Nürnberg knapp ein Jahr.
...
Was bedeutet ein Jahr in der Geschichte Nürnbergs ...? Gar nichts. Spielt keine Rolle."


Diese kaltblütige Einstellung gegenüber Volk und, teils Jahrhunderte alter, Bausubstanz brachte Nürnberg eine traurige Schadensbilanz:

Wohngebäude:
Total zerstört 10.809
Schwer beschädigt 3.881
Mittel und leicht beschädigt 12.397
Unbeschädigt 2.683

Daneben waren 363 öffentliche Gebäude total zerstört, 231 schwer und 879 mittel bis leicht beschädigt. Industrie- und Gewerbegebäude: 1.758 total zerstört, 633 schwer beschädigt, 879 mittel bis leicht beschädigt. Neben über 6.000 Toten und unzähligen Verletzten, waren in der Noris hunderttausende obdachlos.

Der Bombenhagel hatte 10,7 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt hinterlassen, die in den kommenden Jahren beseitigt werden mussten. Alfred Kerr schrieb anlässlich eines Nürnberg-Besuchs im Juli 1947 in der "Neuen Zeitung":

"Nürnberg ... Das war eine Stadt – und es ist eine Schutthalde. Das war gemütlich – bürgerlich – und es ist ein Grauen. Ein Grauen ohne Tragik; nur noch was Unangenehmes. Eine Ruppigkeit. Eine Hässlichkeit. Eine Trostlosigkeit ... Eine Schutthalde.
In den <Meistersingern von Nürnberg> klang es behaglich friedvoll: Wie duftet doch d er Flieder ... Es hat sich ausgeduftet. (...) Du siehst kaum anderes als Geröll. Irreführend wäre das Wort Ruinen – da denkt man immerhin an gewesene Hausungen. Dies aber ist dem Staub viel näher als der billigen Vorstellung zerrissener Wände. ..."


Kerr denkt sogar darüber nach, die zerstörte Noris als Mahnmal so zu belassen
"und ein neues Nürnberg nebenan zu erbauen. (...) Das alte Nürnberg wäre dann eine Sehenswürdigkeit ... wie Pompeji; wie Rothenburg; oder wie das erschütternde Timgad in Nordafrika. (...) Man könnte die zwei Kirchen, dazu einen der wohlerhaltenen Brunnen abtrennen von dem umgebenden Dreck; sie befreien – und dies ganze Geheg´ umgittern wie einen Schutzpark ... zu immerwährendem Gedenken. Zur Erinnerung an die Stätte, wo einst Nürnberg war."

Aber die Stadtplaner handelten anders und machten sich an den Wiederaufbau. Das Amt für Räumung und Baustoffgewinnung stellte am 09.11.1948 fest: "Bei vollem Arbeitseinsatz dauert die Schutträumung noch 8-10 Jahre." Um dies zu beschleunigen, beauftragte man 1947 die Münchener Firma Leonhard Moll mit der Beseitigung der Schuttberge. Zu diesem Zweck verlegte das Unternehmen innerhalb der Stadtmauern ein weit verzweigtes Schienennetz für eine Schuttbahn, die den Trümmerschutt aus der Stadt transportierte. Als die Bahn ihren Betrieb 1950 einstellte, waren die Schutthalden zwar größtenteils beseitigt, der Wiederaufbau sollte aber noch Jahre bzw. Jahrzehnte dauern.

Durch umsichtiges handeln und planen der damaligen Stadtspitze(n) ist ein "altes" Stück Nürnberg in der Sebalder Stadthälfte wieder auferstanden. Die Lorenzer Stadthälfte hatten die Planer für ein "neues" Nürnberg auserkoren.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: BAN, DLN, DNA, INU, JDE, KON, SSG

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