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Nürnberger Chörlein

Als Chörlein bezeichnet man die Auskragungen im ersten Obergeschoss eines Hauses. Der Begriff "Chor" ist für diese Anbauten seit 1598 schriftlich belegt. Vorher nannte man den erkerähnlichen Hausschmuck "Ausladungen", "Ausschuss", "Erkerlein" oder "Studiorum". Der Begriff "Chörlein" hat sich erst im 18. Jahrhundert durchgesetzt. Einige dieser hölzernen, kasten- bzw. schrankartigen Ausladungen wirken wie "angeklebt", andere steinerne, mit Ornamenten verzierte Erkerlein sind die Pracht des ganzen Hauses.


Vor dem Zweiten Weltkrieg schmückten etwa 450 Chörlein die Häuser der Stadt. Der Bombenhagel vernichtete 350 von ihnen. Einige wurden vom Bauamt der Stadt gerettet und eingelagert, gingen dann aber bis zur Wiederaufbauzeit verloren. Den Nürnberger Altstadtfreunden, die sich seit 1973 für den Erhalt historischer Bausubstanz einsetzen, verdankt das Stadtbild 17 renovierte oder wieder angebrachte Chörlein innerhalb der Nürnberger Altstadt.

Man unterscheidet zwischen Kapellenchörlein, profanen Chörlein und den Holzchörlein aus dem 18. Jahrhundert.

Die Kapellenchörlein stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert und dienten als Altarraum kleiner Hauskapellen. Diese nach Osten ausgerichteten Anbauten sind meistens aus Stein und durch ihre Mehreckigkeit einem Kirchenchor nachempfunden. Nur noch drei von ihnen sind in Nürnberg erhalten. Das wohl berühmteste, und am meisten fotografierte, ist das Sebalder Chörlein am Sebalder Pfarrhaus. Etwas versteckt, an der Ostseite des Alten Rathauses befindet sich das Rathauschörlein. In der Lorenzer Stadthälfte ist noch das Chörlein am Nassauer Haus zu bewundern. Ein Kapellenchörlein aus Holz befand sich ursprünglich an der Fassade des Hauses in der Adlerstraße 9. Es ist heute als Wartburg-Chörlein bekannt weil es 1872 nach Abbruch des Gebäudes an die Wartburg kam. Seit 1953/54 schmückt eine Kopie die Burganlage, Reste des Originals lagern im Germanischen Nationalmuseum.

Auch profane Chörlein wurden aus Holz oder auch Stein gefertigt. Meist sind es kastenförmige Anbauten wie das an der Gartenseite des Sebalder Pfarrhofes aus dem Jahr 1480. Etwas schmäler fällt das Chörlein am Tucherschloss aus, das etwa aus dem Jahr 1540 stammt. Es soll auch Anbauten mit schrägen Seitenwänden gegeben haben, allerdings hat keines dieser Art den Bombenhagel des letzten Krieges überlebt. Als ältestes profanes Chörlein gilt das Holzchörlein an der Weintraubengasse 6.

Die Holzchörlein aus dem 18. Jahrhundert hatten anfangs (1700 bis 1730) meist eine wandpfeilerartige Form. Die Formen wurden erst ab 1730 etwas weicher und bekamen zwischen 1740 und 1770 sogar bewegtere Linien mit Auswölbungen nach außen. Bedacht sind diese Anbauten meist mit einem Bogengiebel. Verschiedene Varianten der Holzchörlein kann man heute wieder an Gebäuden in der Winklerstraße 37, Füll 8 oder Untere Kreuzgasse 5 betrachten. Die meisten Nürnberger Chörlein aus dem 18. Jh. hatten keinen sakralen Ursprung, sondern waren reine Zierbauten.

Im 19. Jh. schienen die Chörlein aus der Mode gekommen zu sein, denn es setzte sich unter Karl Alexander Heideloff und Bernhard Solger der neugotische Baustil durch. Ab den 1870er Jahren besann man sich im Zuge der Neorennaisance wieder auf mittelalterliche Bauformen, die aber andere Blüten trieb. Es entstand der sogenannte "Nürnberger Stil".

Während der Wiederaufbauzeit nach Kriegsende, griffen nur wenige Bauherren auf das typisch nürnbergerische Bauelement zurück. Exemplarisch seien hier die Chörlein an der Königstraße 8, Rathausplatz 7 und Weißgerbergasse 16 erwähnt. Dies hat wie bereits angesprochen vielleicht auch damit zu tun, dass eingelagerte Chörlein nicht mehr auffindbar waren. Da die legendäre "Seerose" am Dutzendteich in den 1990er Jahren dem Ausbau der Ringstraße weichen musste, wurden die beiden hölzernern Chörlein gerettet und auf Initiative der Altstadtfreunde am ehemaligen "Roten Ross" (Weinmarkt 12a) und am Hauptmarkt 9 (Korn und Berg) angebracht.

77 Chörlein, andere Quellen sprechen von 82, bereichern heute wieder das Nürnberger Stadtbild. Das mittelalterliche Flair mit den vielen "Erkerlein" lässt sich noch in zwei Straßenzügen nachempfinden – in der Füll und der Lammsgasse.

Wilhelm Hausenstein schrieb 1935 über die Nürnberger Chörlein: "(...) Am weinigen Steinrot sitzen, warmbraun mit Oelfarbe bemalt, die hölzernen Erker; oft sind sie im Geschmack des Barocks oder des Rokokos nachher an rote Steinhäuser von weit zurückreichendem, mittelalterlichem Alter angehängt, da hangen sie nun mit der Intimität eines Mobiliars, das sozusagen nach außen gekehrt wäre; die Erker, die bürgerlichen Chörlein sind wie Kommoden, die man in die Luft der Straße herausgeschoben hätte. (...)".

Unvollständige Auflistung Nürnberger Chörlein:
Adlerstaße 21
Albrecht-Dürer-Straße 3
Burgstraße 11, 15, 17, 19
Chörlein an der Gartenseite des Sebalder Pfarrhofs
Chörlein am Nassauer Haus
Chörlein am Tucherschloss (Hirschelgasse)
Füll 6, 8, 12, 14
Hauptmarkt 9
Königstraße 8, 60
Lammsgasse 8, 12, 14
Pfinzing-Chörlein (Sebalder Pfarrhaus, Sebalder Platz)
Rathauschörlein (Ostseite Altes Rathaus)
Rathausplatz 5, 7
Sebalder Chörlein (Sebalder Pfarrhaus, Albrecht-Dürer-Platz 1)
Untere Kreuzgasse 5
Weinmarkt 2, 6, 12a
Weintraubengasse 6
Weißgerbergasse 16, 25
Welserhof (Theresienstraße 7)
Winklerstraße 37


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Nürnberger Chörlein
Chölein, Füll
Nürnberger Chörlein
Füll
Nürnberger Chörlein
Lammsgasse
Nürnberger Chörlein
Füll 12
Nürnberger Chörlein
Füll 14
Nürnberger Chörlein
Albrecht-Dürer-Straße 3
Füll 8
Füll 8
Lammsgasse 8
Lammsgasse 8
Lammsgasse 12
Lammsgasse 12
Krippe
Burgstraße 17/19
Christkindlesmarkt Nürnberg
Füll 6
Lammsgasse 14
Lammsgasse 14
Zwetschgenmännle
Burgstraße 11
Sebalder Chörlein
Sebalder Chörlein
Burgstraße 15
Burgstraße 15
Winklerstraße 35
Winklerstraße 37
Weinmarkt 2
Weinmarkt 2
Weinmarkt 6
Weinmarkt 6
Nürnberger Chörlein
Chörlein am Spielzeugmuseum
Nürnberger Chörlein
Weintraubengasse 6
Nürnberger Chörlein
Kein "echtes" Chörlein


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Text: mw
Fotos: mw
Verwendete Literatur: DNA, SLN

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