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Lebkuchen-Schmidt

Die Firma Lebkuchen-Schmidt dürfte auch Süßwarenliebhabern außerhalb Nürnbergs ein Begriff sein. Das Unternehmen zählt heute zu den größten Versendern von Lebkuchen und anderen Spezialitäten weltweit. Die Firmengründung erfolgte jedoch eher aus einem Zufall heraus, so wie es Umstände manchmal ergeben.


Im Jahr 1926 bietet Franz Schmidt aus Thüringen seinem in Nürnberg lebenden Bruder Emil Otto Schmidt einen Eisenbahnwaggon voller Lebkuchen an. Dieses Konvolut stammte aus einer Inzahlungnahme, welches E. Otto Schmidt in Sortimenten zusammenstellen ließ und per Zeitungsinserat regional und überregional bewarb. Trotz des stolzen Preises von 5,90 Goldmark pro Karton waren die Sortimente schnell abverkauft, sodass Schmidt bei der Nürnberger Lebkuchen- und Zuckerwarenfabrik "Zucker-Bär" nachkaufen musste. Die Idee für den Lebkuchen-Versand war geboren und ist auch heute noch ein wichtiger Geschäftszweig von Lebkuchen-Schmidt.

Beflügelt vom Erfolg, begann E. Otto Schmidt ein Jahr später mit seiner eigenen Lebkuchenproduktion. In der Voltastraße 91, auf einer Fläche von 50 Quadratmetern, wurden die Lebkuchen von 10 Arbeitskräften her- und zu Sortimenten zusammengestellt. Der Preis aus dem Vorjahr wurde beibehalten, dafür erhielt der Kunde einen Karton, gefüllt mit 5 Pfund der Nürnberger Spezialität. Vertrieben wurde weiterhin auf dem Versandweg an Endverbraucher sowie Einzelhandel. Etwa 150 Pakete verließen täglich die kleine Lebküchnerei.

In den folgenden Jahren wurde die Keimzelle in der Voltastraße zu klein, sodass der Unternehmer ein Grundstück in der Gyulaer Str. 9 erwarb und dort ein kleines Fabrikgebäude errichtete. Zu dieser Zeit, 1930/31, hatte die Firma 150 Beschäftigte die 35.000 Lebkuchen-Pakete pro Saison produzierten.

Unter den Nationalsozialisten musste E. Otto Schmidt aus dem Unternehmen ausscheiden, der Firmenname wurde in Julmond geändert. Während des Zweiten Weltkriegs kam die Lebkuchenproduktion fast vollständig zum Erliegen. Nachdem das Firmengebäude 1943 durch Bombentreffer schwer beschädigt wurde, musste die Fertigung eingestellt werden. Nach Kriegsende setzten die Alliierten zunächst einen Treuhänder ein, erst nach etlichen Schwierigkeiten konnte Firmengründer Schmidt seinen Betrieb 1948 wieder übernehmen. Ein Jahr später erfolgte der Wiederaufbau der zerstörten Gebäude und 1950 arbeiteten bereits wieder 300 Beschäftigte bei Lebkuchen-Schmidt.

Während der Wirtschaftswunder-Zeit trat Martin Burkhardt in die Firma ein. Burkhardt, für Werbung und Gestaltung zuständig, war es wahrscheinlich der 1955 seinen Bruder, Dipl.-Ing. Rudolf Burkhardt, in die Firma brachte, der die Leitung des technischen Bereichs übernahm. Die beiden Brüder müssen es E. Otto Schmidt angetan haben, da er beide 1960 adoptierte.

Das Unternehmen florierte. Bereits 1956 deckte man den Personalbedarf durch Mitarbeiter ab, die mit Bussen aus der Nürnberger Umgebung abgeholt wurden. Während der Saison 1959 zählte die Belegschaft 600 Personen, die 500.000 Lebkuchenpakete produzierten. Da sich zu dieser Zeit erneut Kapazitätsgrenzen abzeichneten, erwarb man im selben Jahr ein Grundstück an der Zollhausstraße. Auf diesem Areal, dem heutigen Firmensitz, wurde ein neues Fabrikgebäude errichtet welches 1963 fertiggestellt war. Emil Otto Schmidt erlebte die Einweihung nicht mehr, er verstarb als 69-Jähriger am 31. Dezember 1961.

Seine Adoptivsöhne Rudolf und Martin Schmidt-Burkhardt, sowie Auguste Schmidt, wurden gemeinsame Eigentümer der Lebkuchenfabrik. In den folgenden Jahrzehnten expandierte das Unternehmen kontinuierlich. Hier stichpunktartig einige Daten:

1962: Einführung der Kundenkartei
1966: Installation der Honiganlage
1968: Umstieg auf elektronische Datenverarbeitung
1970: Übernahme der Lebkuchenfirma Goess
1977: Einrichtung erster Ganzjahresläden
1979: Erweiterung der Lagerkapazitäten sowie Installation einer Siloanlage
1980: Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde, größter Lebkuchen der Welt
1982: Backshow auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin
1986: Teilnahme an der Internationalen Süßwaren-Messe in Köln
1988: Übernahme der Firma Wicklein

Der oben erwähnte, größte Lebkuchen der Welt den die Firma E. Otto Schmidt herstellte, maß einen Meter in der Breite und war 15 m lang. Einen herben Rückschlag erlitt die Lebkuchenfabrik 1983, als ein Brand 250 Tonnen Verpackungsmaterial vernichtete – der Schaden betrug über 5 Millionen DM.

Nachdem ihr Ehegatte Rudolf Schmidt-Burkhardt 1980 verstarb, gefolgt vom Tod ihres Schwagers 1984, führt Frau Henriette Schmidt-Burkhardt seit 1987 das Unternehmen. Sie setzte weiterhin auf Expansion und übernahm im folgenden Jahr die in Schieflage geratene Traditionsfirma Wicklein, einen der ältesten Nürnberger Lebkuchenhersteller. Auch der Firmenname Goess, laut einem Werbeplakat von 1930 "Älteste Lebküchnerei Nürnbergs, besteht urkundlich seit 1610", ist im Besitz von Lebkuchen-Schmidt. Allerdings werden unter dieser Marke keine Lebkuchen mehr hergestellt, aber Wicklein-Produkte findet man im Handel.

Da sich die Lebkuchensaison hauptsächlich auf die (Vor)Weihnachtszeit konzentriert und die Produktion ab August/September auf Hochtouren läuft, muss die Belegschaft in dieser Zeit von ca. 250 auf 800 Mitarbeiter aufgestockt werden. Zu Spitzenzeiten werden bei Lebkuchen-Schmidt etwa drei Millionen Lebkuchen täglich hergestellt. Der Versand der süßen Pakete und Truhen erfolgt inzwischen weltweit. Beliefert werden nicht nur Endverbraucher, sondern auch Industriekunden sowie der Lebensmitteleinzelhandel und Discounter über die Wickleinprodukte vertrieben werden.

Auch Lebkuchen-Bruch wird unter beiden Markennamen angeboten. Hierbei handelt es sich um preislich günstigere Ware, eine Art zweite Wahl. Manchmal nicht ganz kreisrund, die Oberflächenwölbung nicht so perfekt wie sie sein sollte, oder die Schokoglasur nicht ganz gleichmäßig, sind die kleinen Makel. Der Bruch steht der in Dosen oder Pappschachteln verpackten A-Ware, geschmacklich in nichts nach. Lebkuchen-Bruch im schlichten 500 Grammbeutel wird vorwiegend im Fabrikverkauf oder an Verkaufsständen bzw. Saison-Läden angeboten.

Die Schmidt-Markenartikel werden weiterhin über den Versandweg und eigene Läden an den Kunden gebracht. Da das Lebkuchengeschäft saisonaler Natur ist, gibt es aus dem Hause Schmidt auch Jahresgebäck, ein Gebäcksortiment für Diabetiker, Honig und außerhalb der Lebkuchensaison auch andere Feinkostwaren wie Grillspezialitäten, sowie Weine und Liköre. Bestellt werden kann natürlich auch über das Internet.

Ein beliebtes Fotomotiv ist das "Hexenhaus" von Lebkuchen-Schmidt auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt, direkt neben dem Schönen Brunnen. Aber auch ganzjährig ist die Firma auf dem Hauptmarkt präsent. An der Ostseite befindet sich eine Verkaufsfiliale für Schmidtartikel, an der Westseite findet man den Wicklein-Shop.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: DNL, SLN

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