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Lyra Bleistiftfabrik

Die Lyra Bleistift-Fabrik GmbH & Co. KG, wie sie sich heute (2010) nennt, ist die älteste Bleistiftfabrik Nürnbergs. Gegründet wurde das Unternehmen 1806 vom Bleistiftmacher Johann Froescheis. Nachdem im selben Jahr die einst freie Reichsstadt an das Königreich Bayern fiel, war Froescheis der letzte Meister, dem durch die königl. bayer. Polizeidirektion im Jahr 1818 die Meisterwürde als Bleistiftmacher verliehen wurde.


Johann Froescheis, 1784 in Gostenhof geboren, ging beim Fürther Bleiweißmacher Johann Ziegler in die Lehre. In der Selbständigkeit stellte er seine Fabrikate zunächst in handwerklicher Manier her. Vertrieben wurden die Produkte über Nürnberger und Fürther Kommissionshäuser. Als Johanns Sohn, Georg Andreas Froescheis, den Betrieb 1848 übernimmt, führt dieser die Massenproduktion von Bleistiften ein. Erste öffentliche Anerkennung erhalten die Lyra-Produkte 1850 auf der Industrie-Ausstellung in Leipzig, gefolgt von einer Auszeichnung 1854 in Berlin.

Um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden, zieht Lyra 1860 in die Großweidenmühle, wo unter Ausnützung der Wasserkraft die maschinengestützte Fertigung beginnt. Froescheis hatte das Hammerwerk von Johann Bernhard Leykauf erworben. Ab dieser Zeit wurde auch ein eigener Vertrieb aufgebaut.

Das Markenzeichen, die Lyra, ein antikes Zupfinstrument, wurde am 29. Februar 1868 als Wort- und Bildmarke eingetragen. Friedrich Froescheis tritt 1870 als Teilhaber in die Firma ein. Da Lyra in den Räumlichkeiten der Mühle schon bald an Kapazitätsgrenzen stieß, bezog man 1878 ein neu erbautes Fabrikgebäude an der Ecke Brücken- /Großweidenmühlstraße. Die Wasserkraft der Großweidenmühle wird vorerst weiterhin noch zur Vermahlung eines Teiles der Graphit-Tonmischung benutzt. Der Lyra Orlow Stift stellt 1885 das Spitzenprodukt der Firma dar. Dr. Karl Seiler schreibt in seinem 1950 erschienen Büchlein "Das Wirtschaftsleben der Stadt Nürnberg von 1050-1950:

"Der Wasserkraft-Betrieb mit den vielen damit zusammenhängenden Unzuträglichkeiten konnte auf die Dauer nicht mehr aufrecht erhalten werden. In den Jahren 1877/78 entstand daher an neuer Stelle in der Großweidenmühlstraße ein modernes Fabrikgebäude, dem sich bald darauf andere Gebäude zu einem größeren Werksgelände anschlossen. (...) Auf allen einschlägigen Messen des Auslandes erscheinen die Orlow-Stifte, die Lyrato-Stifte, die unzähligen anderen Sorten, die Kreiden, Drehstifte, Federhalter und Füllfederhalter mit dem Zeichen Lyra ..."

Im Jahr als der Fabrikneubau bezogen wurde, schied G. A. Froescheis aus und der kapitalkräftige Kaufmann Karl Grasser trat in das Unternehmen ein. Dessen Sohn, Johannes Grasser, übernahm 1885 die Mitleitung des Unternehmens, da sein Vater im selben Jahr verstarb. Unter seiner Führung entwickelte sich Lyra zu einem international führenden Spitzenbetrieb. Um 1900 arbeiteten 500 Beschäftigte in der Firma, die jährlich 53 Millionen Stifte und Federhalter herstellte. Eine weitere Goldmedaille erhielt das Unternehmen 1906 auf der bayerischen Landesgewerbe-Ausstellung in Nürnberg.

Dr. Karl Seiler beschreibt den weiteren Werdegang nach dem Ersten Weltkrieg folgendermaßen:
"Der Erste Weltkrieg konnte nur ein kurzes Hemmnis in der Weiter-Entwicklung der Lyra-Bleistiftfabrik bedeuten. Bald liefen Produktion und Vertrieb wieder in alten Bahnen, wenn auch die Wiederaufnahme der alten Beziehungen nicht leicht war. 65 Prozent der Produktion gingen in das Ausland. In Mailand wurde im Jahre 1932 eine Zweigfabrik errichtet. Alle Länder der Welt umspannte nun ein dichtes Netz von Vertretern; sämtliche Länder wurden dazu noch von eigenen Reisenden besucht und deren Kundenkreis genauestens bearbeitet. ..."

Nachdem Dr. Wilhelm Koerper, der Schwiegersohn von Johannes Grasser, 1927 die Firmenleitung übernommen hatte, gründete dieser 1932 besagten Zweigbetrieb in Mailand. Dieses Werk wurde allerdings im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmt. Auch das Stammwerk in Nürnberg wurde durch die Kriegsereignisse schwer in Mitleidenschaft gezogen. Der Betrieb wurde wieder aufgebaut, allerdings waren die ersten Nachkriegsjahre mühsam, da wichtige Rohstoffe fehlten.

Nachdem 1991 Lyra UK gegründet wurde, nahm man 1992 ein Zweigwerk in Greußnitz/Zeitz in Betrieb. Weitere Tochtergesellschaften hatte man im Jahr 2000 ins Leben gerufen, unter anderem in Singapur, Indonesien und Schweden, gefolgt von Lyra USA 2002. Die Gesellschafter der Johann Fröscheis Lyra-Bleistift-Fabrik GmbH & Co. KG verkauften ihre Anteile 2008 an die italienische Fabbrica Italiana Lapis ed Affini S. p. A. (FILA).

Die Firma Lyra ist heute (2010) in der Willstätter Str. im Nürnberger Ortsteil Gebersdorf ansässig, nachdem 1987 das Areal an der Großweidenmühlstraße aufgegeben wurde. Der Gebäudekomplex wurde abgerissen und mit einer Wohn- und Büroanlage bebaut. Ein Augeschmaus ist die einstige Froescheis-Villa direkt an der Pegnitz, in der Großweidenmühlstraße 1, die nach Renovierung in neuem Glanz erstrahlt. In Nürnberg/Gebersdorf erinnert noch der Froescheisweg an die Gründerfamilie.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: BNN, DWN, NWM, RIF, SLN;
Internet:
Lyra-Historie

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