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Ludwigseisenbahn. Mit dem Adler von Nürnberg nach Fürth
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Die erste deutsche, mit Dampf betriebene Eisenbahn fuhr am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth. Den Anstoß für dieses Projekt gab der Verleger Johann Carl Leuchs der am 02. Januar 1833 einen "Aufruf zur Gründung einer AG für den Bau einer Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth" in seiner "Allgemeinen Handelszeitung" abdruckte. Darin hieß es: "In ganz Bayern, vielleicht selbst in ganz Deutschland ist kein Punkt, wo eine Eisenbahn leichter und mit größeren Vortheilen für die Unternehmer ausgeführt werden könnte."
Bereits im Mai desselben Jahres luden Nürnbergs Bürgermeister Jakob Friedrich Binder und Vertreter des Handelsvorstands zu ersten Vorgesprächen ein. Schon am 18. November 1833 wurde die "Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft-Nürnberg" gegründet. Hauptaktionär und Direktor der Gesellschaft war Georg Zacharias Platner der, gemeinsam mit dem damaligen zweiten Bürgermeister Johannes Scharrer, das Unternehmen leitete. Man hatte Visionen. Bereits in der Einladung zur Gründung der Gesellschaft hieß es: " ... Entfernungen werden durch dieses, dem Fluge der Vögel nachstrebende Verbindungs- und Transportmittel immer kleiner, Staaten und Nationen rücken dadurch einander immer näher; die Verbindungen werden immer zahlreicher und enger, und der Mensch bemächtigt sich immer mehr der Herrschaft über Raum und Zeit ..."
Das nötige Kapital für dieses Projekt wurde durch Aktienverkäufe erzielt. 55% der Finanzen kamen aus Nürnberg, 10% aus Fürth und 35% stammten von auswärtigen Investoren. Eine Schwierigkeit beim Bau der Ludwigseisenbahn stellte der (teure) Grunderwerb dar. Deswegen musste das Gesellschaftskapital auf 177.000 Gulden aufgestockt werden. Weil ein Fürther Bürger einen hohen Betrag für sein Grundstück haben wollte, war man bereits gewillt die Trasse der Bahnlinie mit einem Bogen nach Fürth zu führen. Da der Grundstückseigner dann doch für einen stolzen Preis verkaufte, schrieb Carl Mainberger, ein Mitglied des Direktoriums, an Scharrer: "Die Übereinkunft hat mich empört; eineinhalb Morgen schlechtes Land um 1000 fl., (...) Es ist entschieden, dass die Kurve nicht bleiben soll; ich hätte sie gelassen, zur ewigen Schande des Menschen."
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Die Trasse der Ludwigsbahn |
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Bereits seit 1804 bestand die Nürnberg-Fürther Chaussee, die heutige Fürther Straße. Diese fast schnurgerade, etwa 6 Kilometer lange Verbindung vom Nürnberger Plärrer bis nach Fürth wurde als Trasse ausgewählt. Schon damals war diese Strecke einem starken Verkehrsaufkommen ausgesetzt und Bedarf für ein neues, preisgünstiges Verkehrsmittel bestand ebenfalls.
Auch der erste Eisenbahn-Verkersknotenpunkt Bayerns lag einst an der Ludwigsbahn-Trasse. Die sogenannte Fürther Kreuzung, wo ab 1844 das Teilstück der Ludwigs-Süd-Nordbahn von Nürnberg nach Bamberg, die Strecke der Ludwigseisenbahn kreuzte. Auch der Ludwig-Donau-Main-Kanal traf an der Fürther Kreuzung, nahe der Schleuse 80, auf das aufstrebende Verkehrsmittel Eisenbahn. Allerdings war es anfangs für Reisende aus Bamberg schwierig ins Fürther Zentrum zu gelangen, da sich der Staatsbahnhof in Poppenreuth befand und somit keine Umsteigemöglichkeit auf die Ludwigseisenbahn bestand. Man hätte sich zu Fuß oder per Fuhrwerk in Fürths Innenstadt aufmachen müssen. Die zweite, umständlichere Möglichkeit wäre die Fahrt bis Nürnberg Centralbahnhof gewesen, von hier zu Fuß zum etwa zwei Kilometer entfernten Ludwigsbahnhof und von dort mit der Ludwigseisenbahn nach Fürth.
Dies änderte sich aber vermutlich 1845 nachdem man, zunächst provisorisch, den Haltepunkt Fürther Kreuzung eingerichtet hatte. Später errichtete man noch ein Verbindungsgleis zwischen Staats- und Ludwigsbahn. Somit entfiel ein Umladen der Güter von einer Bahnlinie auf die andere. Güterwagen konnten ab da direkt überstellt werden. Das Bahnhofsgebäude an der Fürther Kreuzung erhielt 1876 die amtliche Bezeichnung Nürnberg-Doos.
Der königlich bayerische Bezirksingenieur Paul Camille Denis war verantwortlich für den Bau der ersten deutschen Bahnlinie. (Denis baute später noch die Taunus-Eisenbahn, die Pfälzische Ludwigsbahn, die bayerischen Ostbahnen, um nur einige zu nennen. Er war zu seiner Zeit der Fachmann für Eisenbahnbau schlechthin.) Die Gesamtkosten betrugen 175.496 fl. wovon 132.000 fl. aus dem Aktienverkauf stammten. Bis 1922 wurde die Trasse durch die Ludwigsbahn genutzt, später dann auch von der Straßenbahn. Die Strecke wurde schließlich 1964 an die Städte Nürnberg und Fürth verkauft. Heute verläuft der Schienenverkehr an dieser Stelle teils unterirdisch, mittels U-Bahn.
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Der Adler, Deutschlands erste Dampflokomotive
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Die Dampflokomotive Adler wurde in Einzelteilen aus England geliefert und von der Maschinenfabrik Johann Wilhelm Spaeth zusammengebaut. Konstrukteur der Maschine war den englische Lokomotivbauer George Stephenson. Der Preis betrug 900 Pfund Sterling. Auch der Lokführer, William Wilson, der Bediener der Maschine, wurde aus England importiert. (Die Nürnberger Firmen Spaeth und Cramer-Klett waren später die führenden Lieferanten im deutschen Eisenbahnbau.)
Am 7. Dezember 1835 wurde die Strecke mit Sonderfahrten feierlich eröffnet. Der Zug war anfangs noch wechselweise mit Pferden bzw. dem sechs Tonnen schweren Adler bespannt. Bei der Premierenfahrt waren drei Personenwagen erster Klasse, vier Wagen zweiter Klasse, sowie zwei der dritten Klasse angehängt. Vierzehn Minuten brauchte das dampfende Stahlross für die Fahrt von Nürnberg nach Fürth im Regelbetrieb, bei Pferdebespannung benötigte man 25 Minuten.
Friedrich Mayer schrieb 1842: "Gegenwärtig sind zwei in England erbaute Lokomotiven, jede zu 20 Pferdekraft, der Adler und der Pfeil, im Gebrauch, die von einem englischen Maschinisten geführt werden (...) Mit Dampf wird nur des Nachmittags gefahren, Morgens und Abends werden Pferde den Waggons vorgespannt." Die Dampffahrten fanden jeweils um 13, 14 und 15 Uhr statt.
Aber es gab auch kritische Stimmen. Ärzte warnten vor Krankheiten, wie beispielsweise einer Lungenentzündung durch den Fahrtwind bei dieser ungeheuerlichen Geschwindigkeit. Die Bürger wurden eingeschworen nicht mit der Ludwigseisenbahn zu fahren, da man bei dem Tempo durch die vorbeirauschende Landschaft bewusstlos oder wahnsinnig werden kann. Außerdem würde der giftige Qualm Mensch und Vieh vergiften. Ein Pfarrer aus Schwabach predigte vor der ersten Fahrt sogar: "Die Eisenbahn ist ein Teufelsding, sie kommt aus der Hölle, und jeder, der mit ihr fährt, kommt geradezu in die Hölle hinein."
Doch alle Unkenrufe verhallten, es brach ein neues, modernes Zeitalter an. Ab 1863 verkehrten dann ausschließlich Dampfzüge. Man konnte bereits auf unterschiedliche Dampflokomotiven auf der Trasse zwischen Nürnberg und Fürth zurückgreifen.
Das neue Verkehrsmittel wurde hauptsächlich bei der Personenbeförderung gut angenommen, wodurch sich das Projekt auch finanziell rentierte. Im ersten Betriebsjahr wurden 449.399 Fahrgäste befördert. Dies geschah durch 2.364 Dampf- und 6.100 Pferdefahrten. In diesem Jahr wurden 37.381 Gulden Überschuss erwirtschaftet. Die Aktionäre der Eisenbahngesellschaft erhielten eine Dividende von 20 Prozent. Doch die Ludwigsbahn erhielt schon bald Konkurrenz auf der Schiene. Die Straßenbahn. Obwohl der Fahrbetrieb der Ludwigseisenbahn auch nach Eröffnung der Straßenbahnlinie Nürnberg-Fürth noch aufrechterhalten wurde, war ein Ende schon abzusehen. Der Konkurrenzdruck war schließlich zu groß geworden, der Betrieb musste am 1. Januar 1922 eingestellt werden. Die "Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft-Nürnberg" existierte noch weiter, und wurde erst im Jahr 1969 aufgelöst.
Der Adler erreichte mit 6-9 angehängten Wagen eine Geschwindigkeit von 24-30 km/h. Bei Demonstrationsfahrten der Lokomotive sollen sogar 60 km/h erreicht worden sein. Die Maschine wurde 1857 nach Augsburg verkauft und ging verloren.
Die Fahrt der ersten deutschen Dampfeisenbahn von Nürnberg nach Fürth, war für das Verkehrswesen zwar nur von lokaler Bedeutung, man kann dieses Ereignis aber als Initialzündung für den Eisenbahnbau in Deutschland ansehen. Es war ein wichtiger Schritt ins Industriezeitalter und ein wirtschaftlich bedeutender Faktor für die Maschinenbauindustrie.
Der einzige, betriebsfähige Adler, ein Nachbau von 1935, wurde beim katastrophalen Brand (2005) im Bahnbetriebswerk Nürnberg-West völlig zerstört. Er wird gerade im Dampflokwerk Meiningen restauriert (komplett neu aufgebaut trifft es wahrscheinlich besser) und soll Ende 2007 wieder betriebsfähig sein
Auch die Straßenbahn wurde zwischenzeitlich auf dieser historischen Strecke verdrängt. Die U-Bahn übernahm die Verbindung zwischen Nürnberg und Fürth. Sie fährt nicht nur minutenschnell, sondern demnächst auch führerlos. Verrückte, schöne, neue Welt.
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Zeitzeugen über die Ludwigs-Eisenbahn
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Der Direktor und Hauptaktionär der "Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft-Nürnberg", Georg Zacharias Platner (1781-1862) beschrieb die Ludwigsbahn so (vermutlich 1835/36):
"Die Linie der ganzen Bahn mißt 20.700 Fuß (eindreiviertel geometrische Stunden), läuft von der einen Remise in der Vorstadt Gostenhof aus, am Plerrer in schwacher Krümmung vorbei, und streicht dann in schnurgerader Flucht bis nahe an Fürth hin, wo sie wieder in unbedeutender Krümmung bei dem Warthause an der Friedrichsstraße einmündet. Die Chaussee, die zu beiden Seiten mir Pappeln und Vogelbeerbäumen bepflanzt ist, läuft streckenweise in paralleler Richtung mit der Bahnlinie, oder entfernt sich an einzelnen Stellen mehr von ihr, nähert sich ihr aber auch an ändern Punkten wieder mehr, hält indes eine mittlere Entfernung, die nicht über zwanzig Schritte beträgt. Sieben Wege, welche die Kommunikation der zu beiden Seiten der Bahn liegenden Ortschaften erhalten, durchschneiden dieselbe teils unter rechten, teils unter schiefen Winkeln, außerdem sind auf der ganzen Linie sechs Durchlässe angebracht. Zwei Wächterhäuschen dienen zur Beaufsichtigung, welche anfangs um so nötiger erschien, da namentlich von den Fürther Hauderern viele Drohungen laut und auch einige Zerstörungsversuche entdeckt wurden. Die zur Bahn sonst gehörigen Räumlichkeiten und Gebäude in Nürnberg und Fürth bestehen in einem massiven steinernen Hause, worin das Wartezimmer und die Cassa im Parterre, und ein Bureau im oberen Stocke sich befinden, in mehreren massiven Häuschen, worin Ställe usw. sind, und in zwei zu beiden Seiten des erst beschriebenen Hauses stehenden hölzernen Remisen zum Aufbewahren der Lokomotiven und Transportwagen.
Die ganze Bahn ist eine einfache und bloß an den beiden Abfahrtsorten in Nürnberg und Fürth sind Ausweichbahnen zum Kehren des Dampfwagens angebracht. Bis jetzt wurden jeden Tag nur drei Fahrten von Nürnberg nach Fürth und drei von Fürth nach Nürnberg zurück in halben zu halben Stunden mit Dampfkraft unternommen und nur selten eine Ausnahme von dieser Regel gemacht. Die übrigen Fahrten erfolgten mittelst Pferdekraft."
Georg Zacharias Platner beschrieb ebenso die Einweihung der Bahnstrecke:
"Vorzüglich schön war die Einweihung der Bahn am 7. Dez. 1835 unter einem, wie leicht begreiflich ist, enormen Zulauf von Menschen, welche in eigens zu diesem Zwecke erbauten Zelten, Buden und Pavillions oder längs der ganzen Landstraße des neuen Schauspiels harrten. Die Lokalitäten der Eisenbahn waren reich mit den Landesfarben Bayerns geschmückt, und an allen Wagen flatterten und wehten blau und weiße Fähnchen. Es war ein herrlicher Anblick, die Lokomotive mit der gesammten Wagenreihe voll festlich geschmückter jubelnder Menschen einherbrausen zu sehen, und Jeder, der die erste Fahrt mitgemacht hatte, konnte tausend Fragen, die von allen Seiten an ihn gemacht wurden, auf keine Weise entgehen."
Der Dramatiker und Lyriker Friedrich Hebbel (1813-1863) schilderte seine Fahrt folgendermaßen:
"(...) Mittags fuhr ich auf der Eisenbahn per Dampf nach Fürth, Hänschen auf dem Schoß. Die Bewegung ist von steigender Geschwindigkeit; wie schnell es geht, bemerkt man am besten, wenn man gerade an einem Gegenstand vorüberkommt, Meilensteine. ßaume. Häuser verschwinden, wie sie auftauchen. ..."
Jacob Grimm (1785-1863), einer der Gebrüder Grimm, brachte in einem Brief folgendes zu Papier:
"Nachmittags war ich auf der Eisenbahn zu Fürth, wohin man in 10 bis 12 Minuten gelangt. Eine neue aufblühende Stadt, die recht von dem altertümlichen Nürnberg absticht. Überall steht aber dieses im Vorteil. Ermüdet und auf die Rückkehr des Dampfwagens wartend, ruhte ich in einem Birkenwäldchen eine Viertelstunde von Fürth aus. Auf der Eisenbahn schüttern und rauschen die Räder. Es geht sehr schnell, es mag aber die Leipziger Bahn noch schneller gehen, weil bei der kurzen Strecke die Maschine keinen rechten Schwung nehmen kann."
Ein Journalist des Stuttgarter Morgenblattes:
"Der Wagenlenker ließ die Kraft des Dampfes nach und nach in Wirksamkeit treten. Aus dem Schlot fuhren nun die Dampfwolken in gewaltigen Stößen, die sich dem schnaufenden Ausatmen eines riesenhaften antediluvianischen Stieres vergleichen lassen. Die Wagen waren dicht aneinandergekettet und fingen an, sich langsam zu bewegen ... und die Wagen rollten dahin, dass sie in wenigen Augenblicken den Augen der Nachschauenden entschwunden waren ... Die erste Testfahrt war in neun Minuten vollendet, und somit die Strecke von 20.000 Fuß zurückgelegt."
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Der "Adler" |
Der "Adler" bei Publikumsfahrten im DB-Museum. |
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Text: mw |
Fotos: mw |
Verwendete Literatur: 150JE, DAL, DLE, DGK, FFE, NEL, NWM, SAN, SLN, ZDZ |
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